Tarifabschluss + Gutachten + Staatsvertrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Freuen wir uns über einen Tarifabschluss, der den meisten Freien neben 2,8 Prozent mehr Honorar und 3000 Euro Inflationsausgleich endlich auch eine gerechte Fortbildungsvergütung bringt? Oder sind wir fassungslos darüber, dass die Miniangleichung im Honorarrahmen Programm von Stufe 4 auf 5 wohl viele Freie ihren bisherigen Anspruch auf Zuschläge und bezahlte Mehrarbeit kosten wird? Wir müssen zugeben: Die dicken Kröten, die die Gewerkschaften offenbar zu schlucken bereit sind, trüben unsere Freude über den Tarifabschluss erheblich – und werden wohl für neue Ungerechtigkeiten und Konflikte im rbb sorgen.

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Doch erstmal die Fakten: Am Donnerstag haben sich Gewerkschaften und rbb „auf den Wortlaut des Tarifvertrags“ geeinigt. Demnach sollen die „tarifierten Mindesthonorare“ bzw. die „typischerweise gezahlten Honorare“ zum 1. Dezember 2023 um 2,8 Prozent erhöht werden. Dazu wurde eine steuer- und abgabefreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro auch für arbeitnehmerähnliche Freie vereinbart, die noch im Oktober ausgezahlt werden soll. Außerdem wird das Ersatzhonorar bei Fortbildungen bei Freien auf das individuelle Durchschnittshonorar angehoben – gedeckelt auf derzeit 296 Euro. So weit so gut.

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Jetzt der dicke Pferdefuß: Nicht nur, dass die schon erwartete Anhebung auf Honorarrahmenstufe 5 zum 1. Januar 2024 allenfalls ein Tippelschrittchen bei der Honorarangleichung ist – der ursprünglich vereinbarte Zielhonorarrahmen orientiert sich an Stufe 8, bei der Freie für vergleichbare Tätigkeiten in etwa genauso bezahlt würden wie Festangestellte. Diese Miniangleichung wird jetzt aber dazu führen, dass Freie in einigen Diensten – z.B. „Redakteur:in mit erhöhten Anforderungen lt 3.2. Honorarrahmen – ab dem kommenden Jahr ihren Anspruch auf Sonn-, Nacht und Feiertagszuschläge sowie die Bezahlung von Mehrarbeit verlieren.

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Der Grund: Die sogenannte „Kappungsgrenze“ – der höchste Tagessatz, bis zu dem es noch Zuschläge und Mehrarbeitsvergütung gibt – wird noch weniger angehoben als die Tagessätze im Honorarrahmen. Dadurch „überholt“ z.B. das 3.2.-Honorar die Kappungsgrenze. Die Folge: bisher gezahlte Zuschläge und die Mehrarbeitsvergütungen für diese Dienste sind dann futsch. Damit bezahlen die betroffenen Freien einen Teil ihrer Honorarangleichung quasi selbst! #linkeTascherechteTasche

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Für uns ist es unbegreiflich, dass rbb und Gewerkschaften so etwas vereinbaren konnten. Führt das doch nicht nur absehbar zu riesigem Ärger unter den betroffenen Freien und damit zu neuen Konflikten. Der rbb wird nach unserer Einschätzung auch noch größere Probleme als bisher haben, solche Dienste an Sonn- und Feiertagen überhaupt besetzen zu können. Ob den festangestellten Redakteur:innen schon klar ist, dass sie ab dem kommenden Jahr dann wohl in deutlich größerem Umfang Wochenendarbeit leisten müssen? Dem Betriebsfrieden hilft so eine Einigung sicherlich nicht.

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Leider zeigt der Umgang mit der Kappungsgrenze auch einmal mehr den geringen Stellenwert, den der rbb seinem selbstinitiierten „Zukunftsprozess“ beimisst – oder dem, was davon übrig ist. Anfang Mai hatte der Entscheidungskreis einvernehmlich – also auch mit Zustimmung der damaligen Intendantin – beschlossen, sich für eine Anhebung der Kappungsgrenze auf 355 Euro einzusetzen. Das ist die Grenze, bis zu der auch Festangestellte (Vergütungsgruppe C9) noch Zuschläge erhalten. Die entsprechende Empfehlung sollte laut Entscheidungskreis in die laufenden Tarifverhandlungen eingehen. Begründung der Maßnahme: „Die Ungleichbehandlung von Festen und Freien würde in einem Detail abgebaut, was die Dienstplangestaltung erleichtert und die Benachteiligung vieler Freier gegenüber Festangestellten reduziert.“ Nun, es kam anders. Noch steht der Tarifabschluss unter Gremienvorbehalt. Wir empfehlen dringend Nachverhandlungen!

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Nun zu einem anderen, nicht unbedingt erfreulicheren Thema: Seit Donnerstag berichten Zeitungen und auch rbb24 über ein Rechtsgutachten, das im Auftrag der Mitarbeitervertretungen – also auch der Freienvertretung – über die zurückliegende Intedant:innenwahl erstellt wurde. Diese sei „rechtswidrig“ gewesen, schlussfolgert Gutachter und Medienrechtsprofessor Marcus Schladebach von der Uni Potsdam. Er fordert zahlreiche Konsequenzen – darunter die Abberufung und Neuwahl der Intendantin sowie die Abberufung der Vorsitzenden von Rundfunk- und Verwaltungsrat. Der rbb hat laut einer ersten Stellungnahmekeine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl von Ulrike Demmer zur Intendantin“.

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Wie auch immer man das Gutachten und dessen Schlussfolgerungen letztlich bewertet: Eine sorgfältige Aufarbeitung des gesamten (Aus-)Wahlprozesses ist nach Überzeugung der Freienvertretung dringend geboten. Und mindestens für die Zukunft muss sichergestellt werden, dass vergleichbare Verfahren geordnet, fair, transparent und unter angemessener Beteiligung der Mitarbeitenden und ihrer Vertreter:innen ablaufen.

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Das könnte zum Beispiel der künftige rbb-Staatsvertrag regeln, um dessen Neufassung gerade intensiv gerungen wird. Bis auf die Forderung nach „Freien im Personalrat“ haben die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg unsere Vorschläge für mehr Belegschaftsbeteiligung in ihrem jetzt vorlegten Entwurf leider kaum berücksichtigt. Dafür enthält dieser das eine oder andere Einfallstor für (partei-)politischen Einfluss, der die gebotene Staatsferne des rbb unterminieren könnte. Das sieht nicht nur die Freienvertretung kritisch – auch Personalrat, Redaktionsausschuss und Rundfunkrat haben sich entsprechend positioniert.

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In zwei Anhörungsrunden am Montag und Mittwoch erhielt die Freienvertretung sogar die Gelegenheit, interessierte Rundfunkratsmitglieder im direkten Austausch über ihre Sicht auf den Staatsvertragsentwurf zu informieren – neben rbb-Vertreter:Innen wie der Intendantin, dem Chefredakteur oder der Justiziarin. Das gab es bisher noch nie und ist Ausdruck der begrüßenswerten Bereitschaft des rbb zu mehr Transparenz und Partizipation.

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Das neue Interesse an den und die Wertschätzung für die Freien und ihre Vertretung drückt sich auch darin aus, dass wir seit einigen Monaten einen Bericht im Rundfunkrat präsentieren dürfen. Zumindest in der Theorie. Am Donnerstag beendete der Rundfunkrat jedoch unmittelbar vor dem Tagesordnungspunkt „Bericht der Freienvertretung“ außerplanmäßig seine Sitzung. Feierabend! So groß war das Interesse dann doch wieder nicht.

Jetzt aber erstmal: Schönes Wochenende!

Eure Freienvertretung

Probleme mit den Intranet-Links? Wer von außen auf das Intranet zugreift, loggt sich am besten erstmal ein über https://mein.rbb-online.de.

Stellungnahme der rbb-Freienvertretung zum Staatsvertrags-Entwurf

Die rbb-Freienvertretung ist seit mehreren Jahren Ansprechpartner, wenn es um die Angelegenheiten der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb geht. Auch jetzt nehmen wir gerne Stellung zu der vorgelegten Synopse vom 23.08.2023, insofern er die Angelegenheiten von Arbeitnehmerähnlichen betrifft. Ausdrücklich verweisen wir auch auf unsere Stellungnahme vom 27. Oktober 2022, in der wir bereits Vorschläge zu verschiedenen Neuregelungen gemacht hatten.

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Tarifverhandlungen Beschäftigungssicherung auf der Zielgeraden


Beim heutigen Verhandlungstermin am 21. September ist ein Kompromiss in Sichtweite gerückt. Die rbb-Verhandlungsdelegation ist den Gewerkschaften in zwei wichtigen Punkten entgegengekommen: So wird es eine Konfliktkommission für Härtefälle wie im NPG-Bestandschutztarifvertrag geben. Und bei der Berechnung von Ausgleichsansprüchen sollen nun fünf statt drei Beschäftigungsjahre berücksichtigt werden. Den Gewerkschaften ist ein längerer Zeitraum wichtig, weil so auch unregelmäßigen Beschäftigungsverläufen eher
Rechnung getragen werden kann.


Im Gegenzug würden die Gewerkschaften akzeptieren, dass nach 20 Jahren
Beschäftigungszeit eine Beendigung nur noch aus wichtigem Grund erfolgen darf.


Wie die Berechnung der Honorargarantie einschließlich der in den fünf Berechnungsjahren
erfolgten Tarifsteigerungen in eine handhabbare Formel gebracht wird, erarbeitet eine
kleine Arbeitsgruppe der Tarifparteien.

Um die Einigung darüber und weitere Details wird es beim nächsten Verhandlungstermin am 6. Oktober gehen.


Eure gewerkschaftliche Verhandlungsdelegation
ver.di: Marika Kavouras, Dagmar Bednarek, Andrea Mavroidis, Kathlen Eggerling
DJV: Michael Hirschler, Christoph Reinhardt

Beendigungen + Tarifverhandlungen + Infocafé

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach der Sommerpause und dem hoffnungsvollen Intendantinnenwechsel ist jetzt leider endgültig Schluss mit Verschnaufen: Der wirklich unerfreuliche Teil am Vernau-Sparkurs hat begonnen. Die ersten Beendigungsmittteilungen liegen in den Briefkästen. Wir beraten die Betroffenen, so gut wir eben können. Und wer jetzt keinen Anwalt hat, sollte sich langsam beeilen – der rbb-Sparkurs ist immerhin für Arbeitsrechtler ein kleines Konjunkturpaket.

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Schritt in die richtige Richtung bei Tarifverhandlungen zur Beschäftigungssicherung

Bei der Verhandlungsrunde am 4. September hat die rbb-Delegation den Gewerkschaften ver.di und DJV Entgegenkommen bei der bisher strittigen Berechnung von Ausgleichsansprüchen signalisiert. Im Rahmen einer Gesamtlösung sei der rbb bereit, den Durchschnitt der zurückliegenden drei Kalenderjahre einschließlich der seitdem erfolgten Tarifsteigerungen als Basis des Bestandsschutzes heranzuziehen. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber noch nicht aus. Der Tarifvertrag sieht bei vergleichbaren Fällen fünf Jahre vor. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass dieser Zeitraum die oft unregelmäßigen Beschäftigungsverläufe gerechter abbildet als drei Jahre.

Wir haben einen neuen Verhandlungstermin am 21. September verabredet und wollen dort Kompromissmöglichkeiten für zwei weitere Knackpunkte finden. Neben der Einrichtung einer paritätischen Konfliktkommission, die über Härtefälle entscheiden soll, fordern die Gewerkschaften u. a., dass analog zu Angestellten nach 15 Jahren Beschäftigungszeit eine Beendigung nur noch aus wichtigem Grund erfolgen darf.

Eure gewerkschaftliche Verhandlungsdelegation

ver.di: Marika Kavouras
DJV: Michael Hirschler, Christoph Hölscher, Christoph Reinhardt

Intendantinnen-Wechsel + Mobile Arbeit + Freienkongress

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

was für eine Woche! Nachdem der rbb in den Sommerferien recht lethargisch vor sich hin schlummerte, ein wenig gefangen im „Lame-Duck-Modus“ der Noch-Intendantin, platzten in den letzten Tagen gleich mehrere bemerkenswerte Ereignisse in die apathische Ruhe. Das für den rbb – und uns alle – vermutlich wichtigste: Habemus Intendantin MIT unterschriebenem Arbeitsvertrag. Gestern fand zeitgleich zur „Abschiedsparty“ aka Belegschaftsversammlung der diensthabenden Chefin die Unterzeichnung hinter verschlossenen Türen im HdR statt. Auf den letzten Drücker. Heute tritt Ulrike Demmer ihren Dienst an. „Mehrheitlich“, so heißt es, ist der neue Vertrag vom Verwaltungsrat beschlossen worden.

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Verwaltungsrat + 5-Tage-Prognose + CNC-GBU

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute enden nicht nur die klimatisch recht wechselhaften Sommerferien in der Region (mit einem angekündigten unwetterartigen Gewitter – sollte das ein schlechtes Omen sein?) …heute hat der Verwaltungsrat in einer Sondersitzung NICHT über den Arbeitsvertrag unserer (neuen) obersten Chefin abgestimmt. Die Beratungen seien noch nicht abgeschlossen, so wird verlautbart. Gesteigerter Diskussionsbedarf? Ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Man strebe einen Beschluss zum Dienstvertrag aber noch im August an. Hhm! Das wäre dann auch höchste Zeit. Die Älteren erinnern sich, dass die Amtszeit unserer Interimsintendantin im nächsten Monat endet. Bis dahin sollte eine Nachfolge auch vertraglich in trockenen Tüchern sein. Aber der rbb wäre nicht der rbb, wenn nicht alles wieder ein bisschen anders liefe …

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BI-Vorwürfe + Inforadio-Kürzungen + „Tarifgipfel“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dem diensthabenden Freienvertreter kam es diese Woche manchmal so vor, als lähme den rbb ein geradezu epischer Kampf zwischen Vergangenheit und Zukunft. Wobei die Vergangenheit dunkle Schatten auf jeden Versuch wirft, so etwas wie Zuversicht oder Aufbruchstimmung zu entwickeln. Vielleicht führt auch die drückende Hitze der vergangenen Tage zu solchen düsteren Assoziationen. Womöglich sind es aber auch Momente wie am Mittwoch: Ausgerechnet als der Entscheidungskreis des Zukunftsprozesses ein (vorerst) letztes Mal zusammensitzt, macht ein neuer Bericht des „Business Insider“ über vermeintliche Unregelmäßigkeiten rund ums Digitale Medienhaus die Runde.

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