Unabhängigkeit ist unser höchstes Gut
An die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin und des Landtags Brandenburg
Sehr geehrte Damen und Herren,
die anstehende Novellierung des rbb-Staatsvertrags wird in der rbb-Belegschaft sehr genau verfolgt, mit großen Erwartungen und der Hoffnung auf ein Ende der Krise unseres Senders. Vielen der im Entwurf vorgesehenen Änderungen stimmen wir zu und freuen uns auf eine zügige Umsetzung.
Wir können allerdings nicht verhehlen, dass insbesondere die direkten Eingriffe des Staatsvertrags in die Organisationsstruktur und die Programmautonomie des rbb in der Belegschaft mit großer Sorge diskutiert werden. Schon der leise Verdacht mangelnder Staatsferne beunruhigt, besonders nach den jüngsten Erfahrungen beim Findungsverfahren für die Intendanz. Nachdem der Ruf des rbb durch die Verfehlungen der damaligen Geschäftsleitung schwer beschädigt wurde, befürchten wir, dass die geplanten Änderungen weiteren Schaden für unseren Sender mit sich bringen könnten.
Mit der Staatsvertragsnovelle drängt sich der Eindruck auf, der Staat diktiere dem Sender seine Vorstellungen über eine geeignete Organisationsstruktur, inklusive eines weiteren Regionalbüros, greife in die Programmautonomie ein und lasse durch den Rundfunkrat staatliche Aufpasser („Leiter:innen der der Landesangebote“) bestellen. Dies hätte verheerende Auswirkungen auf das ohnehin angeschlagene Vertrauen in die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Unsere Kontrollorgane sind der Rundfunkrat und der Verwaltungsrat – nicht die Politik!
Lassen Sie nicht zu, dass dieser Eindruck entsteht – vor allem bei den Menschen, für die wir unser Programm machen: den Brandenburgerinnen und Brandenburgern, den Berlinern und Berlinerinnen. Stärken Sie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender und uns Mitarbeitenden den Rücken!
Setzen Sie sich für eine öffentliche Anhörung im Staatsvertragsverfahren ein!
Seit es den rbb gibt, arbeiten wir daran, Berlin und Brandenburg als eine gemeinsame Region publizistisch abzubilden. Wir haben in den vergangenen Jahren mit großem Engagement daran gearbeitet, eine integrierte Regionalberichterstattung für eine gemeinsame Region Berlin/Brandenburg aufzubauen.
Wir befürchten nun, dass die im Staatsvertragsentwurf implizierte Abkehr von einem gemeinsamen Sendegebiet, wie etwa die Vorgabe konkreter Auseinanderschaltungen, der Rückfall in eine organisatorische Trennung nach Bundesländern uns um Jahre zurückwirft und uns mehr Bürokratie und Hierarchie, aber kein besseres Programm beschert.
Prüfen Sie daher genau, wo der Staatsvertrag den rbb transparenter und resilienter gegen Machtmissbrauch machen kann – aber auch, wo staatliche Einflussnahme mehr Schaden als Nutzen anrichten könnte.
Wir sind sicher, dass Berlin und Brandenburg einen starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Wir verstehen den Wunsch nach Veränderungen. Auch wir wollen Veränderungen. Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen!
Sabine Jauer, Personalratsvorsitzende
Christoph Reinhardt, Vorsitzender Freienvertretung
Martina Schrey, Sprecherin Redaktionsausschuss