Tätigkeitsbericht der Freienvertretung 2019

Tätigkeitsbericht der Freienvertretung

Im Juni 2019

Vorwort

Liebe Kolleg/innen und Kollegen,

„Respekt und Rechte für Freie“ – unser Claim mag alt sein, bringt aber auch die aktuellen Probleme immer noch auf den Punkt: Respekt können uns immer wieder verschaffen, aber mit den Rechten hapert es weiter. Und auch in diesem Jahr gilt: Rechte fallen leider nicht vom Himmel, sondern müssen erkämpft werden.

Das Dilemma der Freienvertretung: Auf Mängel hinweisen, Ungerechtigkeiten anprangern und an Lösungen mitarbeiten können wir natürlich. Die Voraussetzungen legen aber andere fest. Über die Honorare entscheiden die Tarifparteien, über unsere Mitbestimmungsrechte die Intendantin, den Rahmen setzt die Politik. Und wer denkt, dass sich rot-rot-grüne bzw. rot-rote Landesregierungen automatisch hinter unsere Forderung nach Freien-Mitbestimmung stellen würden, irrt. Auch im letzten Jahr haben wir nach Kräften am Status quo gerüttelt, in der Hoffnung, das Kräftegleichgewicht ein bisschen zu Gunsten der Freien zu verschieben. Leider muss man sagen: Der Fortschritt ist eine Schnecke.

Auf der Habenseite stehen der Honorarrahmen Programm sowie der neue 12a-Tarifvertrag. Zum Jubeln gibt es leider keinen Anlass, denn trotz einiger – teilweise erheblicher – Verbesserungen schreiben die Tarifparteien auch in ihren modernsten Regelungen unmissverständlich fest: Freie bleiben bis auf Weiteres Mitarbeitende zweiter Klasse.

Richtig ist: Beim 12a-Tarifvertrag sind die Tarifparteien vielen Anregungen der Freienvertretung gefolgt und haben die schlimmsten Regelungslücken geschlossen. Krankengeld ab dem ersten Tag ist ganz bestimmt eine gute Sache, aber so lange die Zahlung gedeckelt bleibt, sind wir weit von der Lohnfortzahlung der Angestellten entfernt. 67 Euro Familiensonderzahlung pro sind natürlich viel besser als gar nichts, aber gerade mal die Hälfte von dem, was dem rbb die Kinder seiner Angestellten wert sind. Und längere Ankündigungsfristen bis zu 36 Monate mögen ARD-Rekord sein – aber mit Kündigungs- oder Bestandsschutz hat das gar nichts zu tun.

Und der Honorarrahmen Programm? Die (unter Gremienvorbehalt) gute Nachricht: Anfang 2020 tritt er endlich in Kraft. Auf dem frisch paraphierten Papier endlich mit Honoraren, die mit gewissen Abstrichen den Gehältern der Angestellten entsprechen. Das ist für rbb-Verhältnisse ein wirklich großer Schritt und hat eine nicht zu unterschätzende Symbolkraft. Aber auch wenn die „Kuh“ nach 14 Jahren Verhandlungsmarathon endlich „vom Eis“ ist: Bis die neuen Honorare bei allen ankommen, wird es wohl noch Jahre dauern. Es geht los mit dem Startrahmen, der glücklicherweise für eine Menge Kolleg*innen sofort mehr Geld in der Lohntüte bedeutet. Der Weg bis zum Zielrahmen, also bis zur größtmöglichen Angleichung des Einkommens von Freien und Festen, ist noch weit. Wie weit, lässt sich momentan nicht beurteilen. Der rbb wollte sich auf keinen zeitlichen Ablauf festlegen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis im rbb endlich gleiches Geld für gleiche Arbeit gezahlt wird.

Ganz ähnlich ist auch die politische Großwetterlage. Die Forderung „Freie in den Personalrat“ ist zwar inzwischen bundesweit ein Thema und in mehr als der Hälfte der Landesrundfunkanstalten Wirklichkeit, aber in Berlin und Brandenburg schieben die Regierungen die Evaluation des rbb-Freienstatuts weiter vor sich her. In einem Jahr wird die Amtszeit der Freienvertretung abgelaufen sein, und höchstwahrscheinlich wird dann zum dritten Mal eine Freienvertretung gewählt, deren Statut nichts Anderes zulässt, als eine zweitklassige Interessenvertretung für Mitarbeiter*innen zweiter Klasse zu sein.

Wo so viel Schatten ist, da muss auch Licht sein. Wir machen unsere Arbeit auch deshalb so gerne, weil wir immer wieder Erfolgserlebnisse haben, vor allem in der Beratung. Vordergründig geht es oft nur ums schnöde Geld, aber wem im Laufe der Jahre 20.000 Euro Honorare vorenthalten werden und eine Beratung der Freienvertretung zu einer korrekten Nachzahlung führt, ist das auch Balsam für die Seele. Weil der beste soziale Schutz für Freie ist immer noch die Festanstellung ist, haben wir uns auch sehr gefreut, als sich ein Dutzend  Kolleg*innen zusammengetan haben, um sich erfolgreich feste Stellen zu erstreiten. Das waren die Highlights im vergangenen Jahr – aber wir freuen uns auch, wenn wieder ein paar mehr Kolleg*innen ihren Urlaubsanspruch wahrnehmen, den Zuschuss bei Krankheit oder die betriebliche Altersvorsorge bei der Pensionskasse.

Ob per Mail, Telefon, live in den Büros in Potsdam und Berlin oder im wöchentlichen Newsletter – wenn wir in diesem irrsinnigen Regelungsdschungel ein bisschen weiterhelfen können, ist das für uns die beste Motivation, auch im nächsten Jahr neue Schleichwege zu suchen und im Idealfall ein paar Schneisen zu schlagen. Auf euer Vertrauen sind wir jedenfalls sehr stolz!

Was wir in eurem Interesse alles unternommen haben, soll dieser fünfte Tätigkeitsbericht im Detail zeigen. Achtung, Spoiler: Es bleibt viel zu tun.

Eure Freienvertretung

 

Inhalt

Vorwort 1

Inhalt 6

Zahlen I: Die Freienvertretung. 7

Zahlen II: Die Freien. 8

Zahlen III: Der rbb. 8

Die Basis von allem: Beratung. 9

Konfliktthema Nr. 1: Gerechte Honorare. 11

Dauerthema Gleichstellung. 12

Gute Tarifverträge, schlechte Tarifverträge. 13

Mühen der Ebene: Der Bestandschutz und die Umsetzung. 15

Festanstellungsklagen. 18

Auf dem Weg in die Zukunft? „Intelligente Produktion“ und freie Mitarbeit 19

Dabei sein ist alles? Die Beteiligungsverfahren der Freienvertretung. 23

Durchversichern. 27

Je früher desto besser – Pensionskasse Rundfunk. 29

BEM – betriebliches Eingliederungsmanagement 30

Halbe Dienste. 31

Vernetzung intern/extern. 32

Das dicke Brett 34

Evaluation und Zukunft der Freienvertretung. 34

Ausblick. 35

 

 

Zahlen I: Die Freienvertretung

Gewählte Mitglieder: 7

= 4 Männer + 3 Frauen

= 4 Radio + 3 Fernsehen + 0 Online

= 6 Redaktion + 1 Produktion

= 6 Berlin + 1 Potsdam

1 „Stelle“ mit Ersatzhonorar freigestellt,

wochenweise verteilt auf 3 Personen, das Büro ist immer mit einer/m Freienvertreter*in besetzt

1 Assistentin in (fast) Vollzeit

3 Räume in Berlin, 1. OG FSZ, zwischen Cafeteria und Personalrat

1 Raum in Potsdam, Eichenplatz 3, Raum 110

Sitzungen: jeden zweiten Dienstag

 

Etat: seit drei Jahren unverändert 153.000 Euro im Jahr, davon

  • 20 Ersatzhonorare / Monat für Freistellung
  • Sitzungspauschale für die 6 nicht Freigestellten (je 500/Monat)
  • Honorarnebenkosten
  • Schulungen, Veranstaltungen, Reiskosten, Bürobedarf etc.

 

  • Freiensprecher*innen und sonstige Ansprechpartner in den Bereichen: ca. 40
  • Kernzielgruppe: ca. 1500 arbeitnehmerähnliche Freie
  • Erweiterte Zielgruppe: 4300 Freie (inkl. arbeitnehmerähnliche)

Zahlen II: Die Freien

Der Durchschnittsfreie zum Stand Dezember 2018 war statistisch betrachtet,

  • einer von 1488 arbeitnehmerähnlichen Freien
  • halb männlich, halb weiblich (52:48)
  • knapp 45 Jahre alt
  • teilzeitbeschäftigt (124 von 220 Tagen, ohne Autor/innen)
  • erhält 3000 Euro Honorar pro Monat

Die größten Einsatzbereiche:

  • Redaktion (527)
  • Beiträge (243)
  • Moderation (103)
  • Kamera (87)
  • Schnitt (81)
  • EB-Technik (75)

Zahlen III: Der rbb

  • Wir kommen auf knapp 50 Arbeitsbereiche mit eigener Identität (Redaktionen, Abteilungen, Unterabteilungen), in denen es jeweils eine/n oder mehrere Freiensprecher*innen geben könnte.
  • Die Bandbreite reicht von Giganten wie der Abteilung Bild (inzwischen samt EB-Technik zuletzt 330 feste Freie) über Inforadio/rbb24 (127), den Radiowellen (40-80) bzw. großen TV-Redaktionen bis hin zu Zwergen (z.B. Film, Unterhaltung, Landespolitik <10 Freie).
  • In ca. 10 Bereichen haben wir derzeit keine Ansprechpartner/innen.

 

Die Basis von allem: Beratung

Der rbb ist im Umbau, das sieht man auch in unserer Beratung. Die Fluktuation bei den Freien ist hoch, erfreulicherweise wenden sich viele der Neuen gleich an die Freienvertretung, um sich im Gestrüpp der Regelungen gleich von Beginn an zurechtzufinden. Ohne Antrag keine Leistung – wer nicht mitdenkt, geht leer aus. Und wer nie erfahren hat, dass man seinen Urlaubsanspruch anmelden muss, hat rund 11 Prozent weniger Einkommen in der Tasche. Krankheit, Familiensonderzahlung, Bildungsurlaub, Bildschirmbrille – all das ist an den Status als „arbeitnehmerähnliche*r Beschäftigte*r (auch „12a-Status“ genannt, den gibt es in der Regel bei mindestens 42 Beschäftigungstagen in sechs Monaten) gebunden, und in vielen Fällen ist es objektiv schwierig festzustellen, ob dabei alles seine Richtigkeit hat. Viele Fragen drehen sich um die neuen Tarifverträge, den über Bestandsschutz bzw. den neuen 12a-Tarifvertrag. Dabei entdecken wir immer noch Regelungslücken und Unausgegorenes. Dass ausgerechnet frischgebackene Eltern nach der Elternzeit erstmal keine Familiensonderzahlung bekommen, ist eindeutig ein Kunstfehler der Tarifparteien. Welche Tätigkeiten programmgestaltend sind oder eben nicht, wurde im Bestandsschutztarifvertrag bewusst offen gelassen und wird wohl ein Dauerstreitthema bleiben. Lösen können wir diese Konflikte meist nicht, aber der Draht der Freienvertretung zu den Gewerkschaften ist kurz und der fachliche Austausch mit der Personalabteilung regelmäßig. Wenn wir uns mit der nicht einig werden, können wir oft nur empfehlen, einen Anwalt zu nehmen – außer guten Argumenten hat die Freienvertretung leider kaum Mittel, diesen im Konfliktfall auch Geltung zu verschaffen. Die seit Jahren überfällige Evaluation des Freienstatuts und in der Folge die so wichtige Stärkung unserer Mitbestimmungsrechte lässt weiter auf sich warten.

Nach wie vor gilt: Ein/e Freienvertreter*in ist in der Regel immer von montags bis freitags im Büro der Freienvertretung für euch da. Sie/er wird unterstützt von unserer Bürokraft Anja Hubert, die eure Anliegen entgegennimmt und weiterleitet, auch wenn der/die Freienvertreter*in gerade in einem Termin ist. Sie macht auch Termine mit euch aus, wenn ihr sichergehen wollt, eine persönliche Beratung ohne Wartezeiten zu bekommen.

In Potsdam steht jeden Donnerstag ganztägig ein*e Freienvertreter*in bereit, um euch angemessen zu beraten. Im Gebäude Eichenplatz 3 haben wir einen kleinen Raum für vertrauliche Gespräche (1. OG, Raum 110). Wenn ihr sicher sein wollt, dass ihr dort ohne Wartezeit drankommt, ruft am besten vorher bei uns an.

Antworten auf Fragen, die immer wieder auftauchen, haben wir in unserem „Freien-ABC“ gesammelt – von A wie „Ausfallhonorar“ bis   Z wie „Zahlung im Krankheitsfall“. Ihr findet es im rbb-Intranet unter http://freinet/ – ins Internet gespiegelt unter www.rbbpro.de. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Diskussion findet ihr auf unserer Facebook-Seite „Freienvertretung im rbb“ sowie der geschlossenen Gruppe „frei im rbb“. Letzter steht allen rbb-Freien nach Anmeldung offen.

Außerdem haben wir auch im zurückliegenden Jahr Informationsveranstaltungen organisiert, um euch über aktuelle Themen zu informieren und mit euch ins Gespräch zu kommen. Sehr gut besucht war unsere Veranstaltung „MoJo – das Kamerateam für die Hosentasche?“ im Februar, auf eher verhaltenes Interesse stieß die Infoveranstaltung „Alles rund um Freie & Familie“ im Mai.

Konfliktthema Nr. 1: Gerechte Honorare

Zum Brot- und Buttergeschäft bei den Beratungen gehört vor allem der Streit um zu niedrige Honorare. Relativ gut sind die Erfolgsaussichten im Produktionsbereich, da der seit 2013 geltende Honorarrahmen die allermeisten Standardtätigkeiten abdeckt. Oft geht der Streit um die korrekte Eingruppierung bei höherwertigen Tätigkeiten, die wie Standarddienste abgerechnet werden sollen. Allerdings ist auch der Produktionsrahmen in die Jahre gekommen, einige Berufsbilder oder Workflows haben sich verändert oder fehlen. Die Freienvertretung hat den Tarifparteien Vorschläge für Änderungen übermittelt, z.B. um die geänderten Anforderungen beim Schnitt abzubilden, bei der Kameraarbeit mit Gimbal oder im Rahmen des Reporter*innenteams. Die Tätigkeiten von Produktionshelfer*innen bzw. Fahrer*innen sind bisher ebenso wenig tarifiert wie Leiter*innen vom Dienst oder Radio-Regie.

Offensichtlich ungerecht und teilweise wild ist dagegen die Honorarpraxis im Programm, denn mindestens bis Ende des Jahres gelten völlig veralteten Regelungen aus ORB- und SFB-Zeit weiter. Die erheblichen Honorarunterscheide von teilweise zu 40 Prozent bei vergleichbaren Tätigkeiten lassen sich nur historisch erklären und haben nichts mit der Wertigkeit der Tätigkeiten zu tun. Leider dürfte die Lage mit dem neuen Honrorarrahmen nicht von heute auf morgen besser werden. Wahrscheinlich werden sie zur Klärung von Ansprüchen auch in der Überleitungsphase zum neuen Honorarrahmen herangezogen werden, da die zuletzt „üblichen“ Honorare für viele Jahre übergangsweise weiter gelten.

Einer der krassesten Fälle aus unserer Praxis: Viele Jahre wurde eine Radioautorin mit einer Pauschale abgespeist, die erheblich unter dem SFB-Minutenhonorar lag (derzeit 45 Euro). Eine Nachzahlung in fünfstelliger Höhe (für die noch nicht verjährten Zeiträume) erwirken wir nicht oft, und auch hier musste ein anwaltliches Schreiben nachhelfen. Besonders bedrückend an dem Fall: Offenbar war sich die Redaktion überhaupt nicht bewusst, dass sie sich an Mindestregeln halten muss. Das dürfte sich nun geändert haben. Das A und O für faire Honorare ist leider: Dass man sie auch dann einfordert, wenn es um deutlich weniger hohe Summen geht. Ansprüche, für die niemand kämpft, werden gerne mal vergessen.

 

Dauerthema Gleichstellung

Dass Männer und Frauen für dieselbe Tätigkeit dasselbe Honorar bekommen sollten, versteht sich von selbst. Dass Männer am Ende des Jahres 2018 durchschnittlich 2132 Euro mehr Honorar vom rbb nach Hause trugen als Frauen, erklärt sich leider nicht so leicht – z.B. weil Frauen im Schnitt eben weniger qualifizierte Arbeit leisten würden oder ihre Teilzeitquote höher als die der Männer sei. Die Freienvertretung hat zwar den Auftrag, auf die „Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen hinzuwirken“ (§ 34 Freienstatut) – aber keine anderen Möglichkeiten, als die Ungleichbehandlung so gut wie möglich zu dokumentieren. Leider sind unsere Statistiken keine feinen Analyseinstrumente: Freie Frauen arbeiten tatsächlich etwas weniger als freie Männer – aber die zwei Tage Unterschied erklären keine 2132 Euro. Freie Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Redaktionen, die unterdurchschnittlich honorieren – ob man tatsächlich daraus schließen kann, dass ihre Arbeit dort darum weniger wert ist, wäre schon einen zweiten Blick wert. Die dazu erforderlichen Daten verweigert uns der rbb leider und beruft sich auf den Datenschutz. Das Statut, dass die Intendantin für uns erlassen hat, sei keine ausreichende Rechtsgrundlage. Wir haben vor zwei  Jahren gegen diese Auffassung Klage eingereicht und werden Anfang Juli endlich den ersten Verhandlungstermin erleben. Im Übrigen hoffen wir, dass der künftige Honorarrahmen („Gleiche Arbeit, gleiches Geld“) nicht nur zu einer Angleichung zwischen den Redaktionen, sondern mittelbar auch zwischen den Geschlechtern führen wird.

 

Gute Tarifverträge, schlechte Tarifverträge

Da die Freienvertretung vor allem die Aufgabe hat, über die Einhaltung bestehender Regelungen zu wachen (§ 34 Freienstatut), ist vor allem die Qualität der Tarifverträge für uns die wichtigste Grundlage. Die lässt immer noch zu wünschen übrig, obwohl wir den Tarifparteien regelmäßig aufschreiben, was aus unserer Sicht verbessert werden muss. Weil drei der sieben gewählten Freienvertreter*innen auch auf Gewerkschaftsseite für bessere Tarifverträge kämpfen, müssen wir (nicht nur uns selbst) immer wieder klar machen, dass die Freienvertretung nicht die Regeln macht, sondern immer versuchen muss, sie im Interesse der Freien auszulegen. Die Gewerkschaften und die Geschäftsleitung haben dagegen die Aufgabe, möglichst gute Tarifverträge auszuhandeln.

Auch wenn der neuen Honorarrahmen für das Programm hoffentlich langfristig „gleiches Geld für gleich Arbeit, egal ob fest oder frei“ bringen wird – weiteren Änderungsbedarf gibt es trotzdem. Zu echter Gleichheit fehlen z.B. schon deswegen 4 Prozent, weil Freie auf 8 Stunden pro Tag verpflichtet werden, feste aber auch 38,5 Stunden pro Woche. Extrem ungleich ist der Familienzuschlag (Feste: 140 Euro, Freie: 67 Euro pro Kind). Im Krankheitsfall ist bei Freien der Zuschuss gedeckelt und endet nach spätestens sechs Monaten, bei Festen stockt der rbb für 12 Monate auf das Nettogehalt auf. Die Kappungsgrenze, ab der keine Zuschläge mehr für Mehrarbeit bzw. Arbeit an Sonn-, Feiertagen und in der Nacht gezahlt werden, beträgt bei Freien 278 Euro, bei Festen bis zu 360 Euro (Gehaltsgruppe C 9). Dass Freien oberhalb dieser Grenze nicht einmal die Mehrarbeit über 8 Stunden vergütet wird, ist zwar tarifvertraglich so vereinbart, aber skandalös.

 

Mühen der Ebene:
Der Bestandschutz und die Umsetzung

Die Einführung des Bestandsschutztarifvertrags für „nicht-programmgestaltende“ Freie zum 1. Januar 2018 markierte eine Zeitenwende im rbb: Erstmals garantiert der rbb einer Gruppe von freien Mitarbeiter*innen eine bestimmte Zahl von Einsatztagen bis zur Rente – und gewährt ihnen außerdem soziale Leistungen wie einen Familienzuschlag oder eine bessere Altersvorsorge (durch zusätzliche Zahlungen des rbb an die Pensionskasse). Damit haben zumindest die „NPG-Freien“ die von der Freienvertretung geforderte Gleichstellung von Festen und Freien fast erreicht.

Auch wenn die Verhandlung dieses Tarifvertrags Sache der Gewerkschaften ver.di und djv sowie des rbb war, ist es Aufgabe der Freienvertretung, auf die korrekte Umsetzung zu achten und die Kolleg*innen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Tarifvertrag zu beraten und zu unterstützen.

Stand Ende März 2019 beschäftigt der rbb 494 freie Mitarbeiter*innen mit Honorarrahmenvertrag. Zeigte sich das Haus anfangs noch recht kulant bei der Anwendung des Tarifvertrags und entschied vor allem bei sozialen Härten oft großzügig im Sinne der Freien, gab es in letzter Zeit immer wieder Streit um die Frage, ob eine Tätigkeit als programmgestaltend angesehen wird oder nicht. Während diese Frage für die Freien in der Produktion (Kameraleute und -assistent*innen, Cutter*innen, Aufnahmeleiter*innen, Maskenbildner*innen etc.) i.d.R. pauschal im Sinne des Bestandsschutzes beantwortet wurde, gestaltet sich das bei den Programmfreien schon kniffliger. Offenbar hatte der rbb gar nicht damit gerechnet, dass in Bereichen wie dem ARD-Text, dem ARD-Playout-Center oder den programmbegleitenden Diensten so viele freie Kolleg*innen „nicht-programmgestaltende“ Tätigkeiten verrichten. Manche Bereiche wie z.B. radioeins oder die Programmpräsentation betrachten den Bestandsschutz scheinbar regelrecht als Angriff auf ihr Verständnis von Freien als rechtlosen und jederzeit verfügbaren Arbeitskräften und leisteten erbitterten Widerstand. Dabei kam es vereinzelt auch zu sehr unschönen Fällen von persönlicher Schikane und Einschüchterung. Trotzdem gelang es einigen Kolleg*innen z.T. mit Hilfe der „Konfliktkommission“, in der rbb und Gewerkschaften regelmäßig über strittige Fälle beraten, trotzdem in den Bestandsschutz zu kommen.

Probleme gibt es auch nach wie vor bei der Disponierung und Beauftragung derjenigen, die unstrittig im Bestandsschutz sind. Umstritten ist z.B. in einigen Bereichen immer noch die Zahl der „zulässigen“ und zumutbaren Sperrtage  – auch, weil der Bestandsschutztarifvertrag hierzu keine klaren Vorgaben macht („in einem vertretbaren und angemessenen Umfang“). Ein anderes Dauerstreitthema ist die Frage der Beschäftigung von bestandsgeschützten Freien über ihre garantierten Einsatztage hinaus. Tatsächlich sieht der Tarifvertrag hier vor, dass bei entsprechendem Mehrbedarf zunächst die Bestandsgeschützten gefragt werden sollen – für sie gelten die Prognosegrenzen nicht mehr. Tatsächlich gibt es jedoch in einigen Bereichen für die Freien mit Honorarrahmenvertrag keinen Tag mehr als vorgeschrieben, während gleichzeitig Neue eingestellt werden. So hat sich z.B. im Bereich Schnitt die Zahl der Freien seit Einführung des Bestandsschutzes fast verdoppelt. Ob sich der betriebliche Mehrbedarf, wie vom Bereich behauptet, wirklich nicht mit den Bestandsgeschützten decken lässt, kann die Freienvertretung nur schwer nachprüfen. Leider ist auch die entsprechende Formulierung im Tarifvertrag eher weich („sollen prüfen…“). Wir sind allerdings sehr skeptisch und schauen immer wieder genau hin.

Auch in weiteren Einzelfällen zeigt sich, dass Formulierungen im Tarifvertrag unterschiedlich ausgelegt werden können: So ist umstritten, ob bei der Berechnung der Ausgleichszahlung – die fällig wird, wenn der rbb nicht genügend Einsatzangebote unterbreitet – im Jahr davor erzielte Zuschläge berücksichtigt werden müssen. Wir meinen: Ja! Der rbb ist andere Meinung.

In einem anderen Fall wollte der rbb die garantierten Einsatzangebote kürzen, weil der betreffende Kollege eine zweimonatige Kinderbetreuungszeit genommen hat. Durch Unterstützung der Freienvertretung konnte der Kollege seinen Anspruch auf alle ihm zustehenden Tage durchsetzen.

Trotz dieser z.T. ärgerlichen Konfliktfälle sehen wir im Bestandsschutz insgesamt eine große Verbesserung für die einbezogenen freien Mitarbeiter*innen: Er gibt ihnen Beschäftigungs- und Planungssicherheit, verbessert ihre soziale Absicherung sowie ihre Stellung gegenüber Chefs und festen Kolleg*innen. Eine Ausweitung auf alle arbeitnehmerähnlichen Freien – programmgestaltende wie nicht-programmgestaltende – wäre aus unserer Sicht zu begrüßen.

 

Im Trend:
Festanstellungsklagen

Der beste soziale Schutz für Freie ist immer noch die Festanstellung. Leider muss man das für die rund 1000 festen Freien ohne Bestandsschutz uneingeschränkt so sagen. Aber auch für NPG-Freie ist der Bestandsschutz ist nicht in jedem Fall die beste Lösung, wie wir im vergangenen Jahr sehen mussten. Insbesondere bei Programm-Freien mit sehr niedrigen Honoraren ist der Weg über das Arbeitsgericht immer noch das Mittel der Wahl. Viele Monate hatten wir uns erfolglos um eine interne Lösung zugunsten der Kolleg*innen der EPG-Redaktion im Play Out Center (POC) bemüht. Am Ende konnten wir den Betroffenen nur den Rat geben, sich eine gute Anwältin zu suchen und ihre Rechte auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Nachdem ein Kollege ein rechtskräftiges Urteil erreicht hat, war es für die anderen deutlich leichter: Wer eine feste Stelle eingefordert hat, hat auch ein Angebot bekommen. Schönheitsfehler: Der rbb hat die 15 meist langjährigen Kolleg*innen dreist in Gehaltsgruppe F (Programmassistenz) eingruppiert – wir hoffen, dass der Personalrat stark genug ist, auch mit Bordmitteln nun eine faire Eingruppierung durchzusetzen. Ansonsten müssten wieder die Arbeitsrichter entscheiden. Was man über die spezielle Konstellation im POC hinaus daraus lernen kann? Zum Beispiel, dass Bestandsschutz zwar eine schöne Sache sein mag, aber dass der Weg in eine Festanstellung dadurch immer noch möglich ist.

Viele Monate haben wir auch zwei weitere Fälle begleitet, die in diesem Mai in der ersten Instanz ihre Klage auf Festanstellung gewonnen haben. Die schriftlichen Begründungen und das Urteil der nächsten Instanz kennen wir zwar noch nicht, aber wir versprechen und neue Impulse für die derzeit eher binär verstandene Unterscheidung zwischen programmgestaltenden (PG-) und nicht programmgestaltenden (NPG-) Freien. Beide Kolleg*innen arbeiten zweifellos eng eingebunden in ihrer Redaktion und haben auch einen gewissen Einfluss aufs Programm. Aber eben nicht so wie „Moderatoren, Wissenschaftler, Künstler“, wie es das Bundesverfassungsgericht einmal beschrieben hat, sondern eher wie ein Redakteur, der die Auffassungen von anderen weiterverarbeitet, ohne seine eigenen dazuzugeben. Oder schlicht nach Chef-Vorgaben passende Beiträge heraussucht. Wir meinen: Unter den Bestands-Schutzschirm passen deutlich mehr Kolleg*innen, als der rbb heute als NPG-Freie anerkennt. Und der rbb wäre gut beraten, von sich aus den Bestandsschutz für alle zu öffnen, bei denen er sein angebliches Abwechselungsbedürfnis de facto nicht in Anspruch nimmt.

Auf dem Weg in die Zukunft?
„Intelligente Produktion“ und freie Mitarbeit

Mehr Programm auf allen (digitalen) Ausspielwegen – produziert zu geringstmöglichen Kosten ohne Rücksicht auf Qualität? Das scheint – etwas verkürzt und zugespitzt – momentan das zentrale strategische Ziel des rbb zu sein. Nur so habe der Sender, ja der öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt, eine Überlebenschance in einem zunehmend feindlichen gesellschaftlichen Umfeld – das wird uns in unzähligen Diskussionsforen, Veranstaltungen, Arbeitskreisen, Intranetmeldungen usw. unisono von den Führungskräften des Hauses gepredigt. Die Rede ist von „Grünen Wiesen“, „Intelligenter Produktion“ und „Zukunft der Arbeit“. Projekte wie das Reporterteam, „Mobile Journalism“, das „Crossmediale Newscenter („CNC“) werden ins Leben gerufen und scheinen Berufsbilder und Arbeitsanforderungen besonders von uns Freien in einem atemberaubenden Tempo zu verändern. Das Ziel fast immer: Die Anforderungen werden vielfältiger, spezielle Qualifizierungen entwertet, die Arbeit dichter und die Belastung größer. Das löst bei vielen Kolleg*innen natürlich Ängste und Abwehr aus. Die Freienvertretung begleitet diesen Prozess auf verschiedenen Ebenen: Wir nehmen zunächst unsere – leider sehr begrenzten –  Beteiligungsrechte bei den einzelnen Projekten wahr und versuchen, die Bedingungen im Interesse der betroffenen Freien mitzugestalten, z.B. beim Probebetrieb „Reporterteam“ oder „Mobile Reporting“. Außerdem vertreten wir unsere Position – und damit idealerweise auch die Position „der Freien“ – in rbb-weiten Foren wie dem „Zukunftstag Videotechnik“, dem Forum „Zukunft der Arbeit“ oder auf Personal-, Belegschafts-, Direktions- und Freienversammlungen. Da wir das Gefühl haben, dass es im rbb für eine wirklich offene Diskussion und kritische Positionen gerade nur wenig Raum gibt, haben wir im Februar eine eigene Diskussionsveranstaltung zum Thema „Mobile Journalism“ organisiert. Für den Herbst planen wir einen „alternativen Zukunftstag“, auf dem wir ohne Vorgaben von oben über digitalen Wandel und die Veränderungen unserer Arbeit sprechen wollen.

Weiterhin beraten und unterstützen wir euch natürlich individuell, wenn im Kontext mit neuen Aufgaben und Arbeitsanforderungen Fragen oder Konflikte rund um Auftragsvergabe, Abläufe und Honorierung auftauchen.

Nach den langwierigen und komplizierten Auseinandersetzungen um den Probebetrieb geht das sogenannte „Reporter*innenteam“ Mitte Juni nun in den Regelbetrieb. Der rbb will in Zukunft erklärtermaßen bis zu 20 Prozent seiner TV-/Videodrehs in dieser Form – d.h. nur mit einem Kameramenschen nebst Reporter*in, aber ohne Assistent*in bzw. EB-Techniker*in – stemmen. Obwohl diese Arbeit vermutlich fast nur von Freien geleistet werden wird, hatte die Freienvertretung bei der Festlegung der Kriterien und Rahmenbedingungen nur ein „Mitwirkungsrecht“. Das heißt, wir durften unsere Meinung sagen, sie musste aber nicht berücksichtigt werden – anders als der Personalrat, der hier mitbestimmen durfte, also faktisch ein Vetorecht hatte. In der Folge wurden viele unserer Anregungen leider nicht übernommen. So haben wir z.B. die Vergütung der Mehrbelastung der Kameraleute (Fahren, Be- und Entladen, Ton) mit 30 € als zu niedrig abgelehnt – beim NDR werden dafür 42 € gezahlt. Wir haben einen Zuschlag von 50 € empfohlen, der rbb hat sich darüber leider hinweggesetzt. Immerhin konnten wir erreichen, dass der rbb die Einsatzgarantie von bestandsgeschützten Freien nicht kürzt, wenn sie nicht im Reporter*innenteam arbeiten möchten. Allerdings entspricht das nach unserer Einschätzung sowieso geltender Rechtslage, etwas Anderes hätte der rbb wohl im Konfliktfall kaum durchsetzen können. Der Gang vor Gericht bleibt den betroffenen Freien aber damit – hoffentlich! – erspart.

Freienvertretung und Personalrat konnten in der „Einsatzrichtlinie“ für den Regelbetrieb außerdem einen umfassenden Kriterienkatalog verankern, der den Einsatz der Reporter*innenteams auf „einfache Drehaufträge mit geringem Aufwand“ beschränkt. Ausgeschlossen sind dabei z.B. Live-Schalten, Einsätze in „unübersichtlichen Situationen mit erhöhter Gefährdungslage“ oder aufwendige Drehs mit langen Fahrt- und Fußwegen oder unter hohem Zeitdruck. Wir werden darüber wachen, dass diese Kriterien eingehalten werden. Dabei sind wir auf eure Mithilfe angewiesen.

Noch umstrittener als das Reporter*innenteam ist der „MoJo“ als neue Produktionsform – Reporter*innen, die alleine mit dem iPhone drehen und womöglich auch am iPad schneiden. Auch bei der Verlängerung und Ausweitung des MoJo-Probebetriebs, der seit über einem Jahr bei zibb läuft, auf die Redaktionen Abendschau, Brandenburg aktuell und Sport, hatte die Freienvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht. Wir haben in diesem Rahmen vor allem darauf gedrungen, einerseits die Freiwilligkeit bei der Teilnahme am Probebetrieb sicherzustellen – also eine Benachteiligung von Kolleg*innen, die nicht mitmachen wollen, auszuschließen – andererseits für eine angemessene und transparente Honorierung zu sorgen. Letzteres ist nur teilweise gelungen – die Arbeit als MoJo wird leider in den unterschiedlichen Bereichen auch sehr unterschiedlich bezahlt. Für die Betroffenen ist nicht immer leicht nachvollziehbar, was sie konkret für ihre Einsätze  erwarten können und warum dies je nach Redaktion unterschiedlich ausfällt.

Wir haben schnell gemerkt, dass das Thema „MoJo“ nicht nur bei Reporterinnen und Reportern für heftige Diskussion sorgt. Viele EB-Kameraleute, VJs und Cutter*innen fürchten eine Entwertung ihrer Arbeit und Qualifikation, es gibt die Sorge, ob die unter diesen Umständen produzierten journalistischen Produkte noch den eigenen Qualitätsansprüchen genügen. Wir wollen dazu beitragen, dass diese Diskussion offen und angstfrei unter Beteiligung aller betroffenen Bereiche und Gewerke geführt wird – unter anderem in der Vorbereitung unseres „alternativen Zukunftstages“ im Herbst.

Ein weiteres Großprojekt, dass ab dem kommenden Jahr die Arbeit vor allem im Nachrichtenbereich umwälzen könnte: Das „Crossmediale Newscenter“, das mit der partiellen Auflösung von vertrauten Redaktionsstrukturen und ihrer Ersetzung durch sogenannte „Content-Boxes“ einhergehen soll. Die Freienvertretung wird regelmäßig über den Fortgang dieses Projektes informiert, konkrete Fragen wie Honorare, Disponierung, Arbeitsbelastung oder Arbeitsplatzgestaltung im „CNC 1.0“ werden uns mit Sicherheit in den nächsten Monaten und Jahren intensiv beschäftigen.

 

Dabei sein ist alles?
Die Beteiligungsverfahren der Freienvertretung

Das Statut gibt der Freienvertretung einige – im Vergleich zum Personalrat viel zu wenige! – Beteiligungsrechte, die wir nichts desto trotz so gut wie möglich und im Interesse der Freien im rbb wahrzunehmen versucht haben.

 

Eines unserer wenigen Mitbestimmungsrechte erstreckt sich auf die Auswahl freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Fortbildungen. Hier bekommen wir Woche für Woche Zustimmungsanträge nebst Teilnehmer*innenlisten für alle Schulungen im rbb, an denen (auch) Freie teilnehmen. Unsere Aufgabe ist es darauf zu achten, dass die Auswahl fair ist und niemand benachteiligt wird, z.B. indem er/sie nicht zu einer wichtigen Schulung eingeladen wird. Hier haben wir in der Regel wenig zu beanstanden. Unser Hauptkritik an der rbb-Fortbildungsstrategie ist, dass Freie für die Teilnahme an Seminaren nur ein geringes „Ersatzhonorar“ von 75 Euro bekommen, während Festangestellte sie zu vollen Bezügen in ihrer normalen Arbeitszeit machen. Das ist jedoch bedauerlicherweise kein durch das Freienstatut legitimierter Grund für uns, einen Fortbildungsantrag abzulehnen – so zumindest das Ergebnis der offziellen „Schiedsstelle“ , die wir deswegen angerufen hatten. Bis das Verwaltungsgericht über unsere Beschwerde geurteilt hat, verzichten wir in der Regel notgedrungen darauf, hier unser Veto einzulegen und enthalten uns quasi bei den meisten Anträgen unserer Stimme. Nur bei Schulungen, die – wie z.B. Sprecherziehung oder Moderator*innen-Airchecks – während der Einsatzzeit stattfinden, stimmen wir aus voller Überzeugung zu. Allerdings haben wir im vergangenen Jahr gelernt, dass wir auch hier misstrauisch sein und genau hingucken müssen: Einige Freie, deren Sprecherziehung gemäß Antrag „während der Einsatzzeit“ stattfinden sollte, mussten ihre Stunden tatsächlich in der unbezahlten Freizeit nehmen und dafür zum Teil noch weit anreisen. Wir haben in der Folge dafür gesorgt, dass die Kolleg*innen in diesen Fällen dann zumindest die 75 bzw. 37,50 Euro „Ersatzhonorar“ bekamen. Bitte informiert uns, wenn ihr trotzdem noch von solchen Fällen betroffen sein solltet.

Ein weiteres Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf alles rund um Kantine und Co. („Sozialeinrichtungen“) Seit Jahren hatte der rbb vergeblich versucht, die Kantinenöffnungszeiten einzuschränken, um Kosten zu sparen. Wir haben uns zwar der Argumentation nicht verschlossen, dass man für eine Handvoll warmer Mahlzeiten nicht das ganze Wochenende über eine vollständige Großküche mit allem Drum und Dran offenhalten muss. Allerdings haben wir eine mögliche Zustimmung zu kürzeren Öffnungszeiten daran gekoppelt, dass der rbb ein tragfähiges Versorgungskonzept für die Tagesrandzeiten und die Wochenenden vorweist. Nachdem der rbb sein „Automatenkonzept“ mehrfach präzisiert und nachgebessert hat – z.B. durch den Umbau der Cafeteria, so dass diese auch abends und an den Wochenenden zugänglich ist – haben wir schließlich Ende des letzten Jahres dem Antrag zugestimmt, die Versorgungseinrichtungen in Berlin mit eingeschränkten Öffnungszeiten einem neuen Betreiber zu übertragen. Ein wichtiger Grund für unsere Zustimmung war, dass der neue (alte) Pächter Benjamin Kieper überhaupt nur bereit war, den Versorgungsvertrag abzuschließen, wenn die Öffnungszeiten verkürzt würden. Praktikable Alternativen gab es nicht, so dass tatsächlich eine Situation denkbar war, in der es gar keinen Betreiber für Casino und Cafeteria gegeben hätte.

Anfang 2019 wurde das neue Konzept mit neuem Betreiber in Berlin umgesetzt. Nach fast einem halben Jahr haben wir den Eindruck, dass es halbwegs funktioniert. Die Qualität des Essens scheint sich deutlich verbessert zu haben, die Nutzung der Versorgungseinrichtung hat sich erhöht. Möglicherweise zahlt es sich ja doch aus, mehr Geld in die Qualität des Essens in den Kernzeiten als in den  – wenig nachfragten – Betrieb in den Randzeiten und an den Wochenenden zu investieren. 

Lediglich ein Mitwirkungsrecht hat die Freienvertretung beim Arbeits- und Gesundheitsschutz – anders als der Personalrat, der hier voll mitbestimmt. Dennoch halten wir die sogenannten „Gefährdungsbeurteilungsuntersuchungen“, kurz GBU(en) für einen wichtigen Hebel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auch von Freien. Allerdings hat sich ihr Nutzen nach unserem Eindruck deutlich abgeschwächt, seit sich der rbb gegen den ausdrücklichen Widerstand der Freienvertretung für ein neues Untersuchungsverfahren entschieden hat: Anstelle der begleitenden Beobachtung und vertiefenden Interview ausgewählter Arbeitsbereiche und Mitarbeiter*innen durch die Firma Caro ließ der rbb die Bereiche Brandenburg aktuell und Schnitt mittels Online-Befragungen durch die Firma Favox untersuchen. Diese Methode hat zwar grundsätzlich den Vorzug, dass alle Mitarbeiter*innen eines Bereichs daran teilnehmen können und nicht nur wenige, ausgewählte Tätigkeiten exemplarisch unter die Lupe genommen werden. Viele beteiligte Kolleg*innen hatten aber den Eindruck, dass die Befragungen sehr oberflächlich waren, die Teilnahme war in der Folge so gering, dass kaum aussagekräftige Ergebnisse ausgewiesen werden konnten. Viele Problembereiche, die von den Kolleg*innen im Arbeitsalltag wahrgenommen wurden, blieben bei der GBU dadurch komplett ausgespart. Uns drängt sich da der Verdacht auf, der rbb wolle mit solch einer „schlanken“ GBU lediglich die gesetzliche Pflicht erfüllen, ohne anschließend womöglich mittels aufwändiger und kostspieliger Maßnahmen gegen tatsächliche psychische und physische Belastungen vorgehen zu müssen. Wir fordern deshalb, die Untersuchungsmethode der Firma Favox grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und sich ggf. davon zu verabschieden. Eine Alternative wäre womöglich die ebenfalls auf einer Onlinebefragung gestützte Untersuchungsmethode einer anderen Firma,  die im vergangenen Jahr Belastungen in den Schalträumen untersuchte. Hier erschien uns das Frageraster differenzierter, außerdem gibt es Freitextfelder für Probleme und Belastungen, die nicht durch die vorgegebenen Fragen erfasst, aber von den Mitarbeitenden wahrgenommen werden. Nach „traditioneller“ Methode wurde weiterhin noch eine GBU für die neuen „Repoter*innenteams“ durchgeführt. Die Erkenntnisse flossen u.a. in die neuen Einsatzrichtlinien ein (s.o.).

Nach Ansicht der Freienvertretung könnte eine Kombination verschiedener Methoden zu guten Ergebnissen führen. Allerdings darf es keinesfalls genügen, den „gesetzlichen Haken“ dranzumachen, es muss bei den GBUen immer darum gehen, tatsächliche, physische und psychische Gesundheitsrisiken zu identifizieren und zu beseitigen.

Auch im vergangenen Jahr haben wir mehrfach unser Mitwirkungsrecht bei Beendigungen bzw. wesentlichen Einschränkungen von freier Mitarbeit ausgeübt. Es handelte sich jedoch stets um Einzelfälle, größere „Beendigungswellen“, wie es sie in der Vergangenheit nach Programmumstellungen gegeben hatte, blieben in den letzten 12 Monaten aus. Wir haben in diesen Fällen geprüft, ob Fristen richtig berechnet und Ausgleichszahlungen korrekt geleistet wurden. Außerdem haben wir die Betroffenen bei Bedarf dabei unterstützt, Beschäftigungsalternativen innerhalb des rbb zu finden und entsprechende Kontakte herzustellen.

Weiterhin hat sich die Freienvertretung an folgenden Mitwirkungsverfahren beteiligt und dort nach ihren Möglichkeiten versucht, die Interessen und Rechte der Freien zu wahren:

  • Das neue Sicherheitskonzept mit „Vereinzelungsanlagen“ an den Eingängen am Standort Berlin – hier hat die Freienvertretung vor allem darauf geachtet, dass die Beantragung und Befristung der neuen, elektronischen Hausausweise nicht zum Nachteil der Freien geregelt wird.
  • Das „Print at Work“-Konzept mit wenigen, zentral aufgestellten Druckern, das in der näheren Zukunft umgesetzt werden soll.
  • Die Einführung von „Office 365“ im Laufe dieses Jahres.
  • Umbaumaßnahmen im Bereich von radioBERLIN 88,8.
  • Das Pilotprojekt „Gesundheitsfördernde Maßnahmen“.
  • etc.

Durchversichern

Für die meisten Kolleg*innen in der Produktion ist das Thema vom Tisch – sie müssen sich wegen des bestehenden Bestandsschutz-Tarifvertrages keine Gedanken mehr über das sog. „Durchversichern“ bei Krankenkasse und Rentenversicherung machen. Ebenso wie die Kolleg*innen in den Redaktionen, die einen Rahmenvertrag haben, werden sie vom rbb den kompletten Monat durchversichert. Das führt zwar zu etwas höheren Abgaben für die/den Einzelne*n pro Monat, zahlt sich jedoch spätestens mit Eintritt ins Rentenalter aus! Der Rententopf ist einfach praller gefüllt, wenn regelmäßig und ohne Unterbrechungen eingezahlt wird. Deshalb haben wir allen Programmmitarbeiter*innen geraten, die noch KEINEN Rahmenvertrag haben, sich an ihre*n Vorgesetzte*n zu wenden. Die Chefs können den Rahmenvertrag bei der Personalabteilung beantragen.

Leider gibt es für die Kolleg*innen, die „auf Prognose“ arbeiten, diese Möglichkeit nicht. Bei ihnen macht sich der Sender die Mühe, jede/n Einzelne/n an jedem honorierten Tag an- und wieder abzumelden. Das macht Arbeit, aber der rbb spart damit (ein wenig) Geld.

Für die Freien kann das bisweilen fatale Konsequenzen haben. Wenn z.B. der Arzt beim Einlesen der Versicherungskarte feststellt, dass vermeintlich keine Krankenversicherung besteht. Kann passieren, wenn Honorare nicht regelmäßig angewiesen werden und die Krankenkasse von einer Abmeldung ausgeht. Ärgerlich und unangenehm für die Betroffenen.

Auch deshalb hat die Freienvertretung das Verfahren des rbb mehrfach beanstandet. Nach unserem Verständnis sind freie Mitarbeiter*innen, die seit Jahren regelmäßig mit einer bestimmten Anzahl von Tagen für den rbb arbeiten, dauerbeschäftigt. Der Sender betrachtet sie hingegen als wiederkehrend beschäftigt. Wir haben diese An-und Abmeldepraxis des rbb dem Prüfdienst der Rentenversicherung gemeldet. Der war sehr daran interessiert, Einzelfälle kennenzulernen. Daraufhin haben sich etliche von euch ebenfalls dort gemeldet.

Wir hoffen, dass die Betriebsprüfer, die den rbb in diesem Jahr wieder unter die Lupe nehmen, die An- und Abmeldepraxis rügen und endlich deren Abschaffung herbeiführen werden.

Je früher desto besser:
Pensionskasse Rundfunk

Denn: perspektivisch führt die Praxis des ständigen An- und Abmeldens die freien Mitarbeiter*innen für einige geradewegs in die Altersarmut. Selbst wer ein ganzes Leben lang (frei) gearbeitet hat, muss sich im Rentenalter oft mit Peanuts begnügen.

Die (nicht programmgestaltenden) Kolleg*innen aus der Produktion, die seit Anfang 2018 unter den Bestandsschutz-Tarifvertrag fallen, können sich diesbezüglich entspannt(er) zurücklegen. Sie haben vom rbb rückwirkend eine Einmalzahlung in die Pensionskasse von 4 Prozent erhalten. Je nachdem wie lange die Kolleg*innen bereits arbeitnehmerähnlich für den rbb tätig waren, konnten so einige Tausend Euro zusammenkommen, die in die Alterssicherung geflossen sind. Diese Kolleg*innen bekommen auch in Zukunft 3 Prozent oben drauf, also 7 statt 4 Prozent Zuschuss vom rbb. Voraussetzung: Mitgliedschaft in der Pensionskasse. Für die wenigen Kolleg*innen, die nicht in der Pensionskasse, wohl aber Mitglied beim Presseversorgungswerk sind, gestaltete sich die rückwirkende Einmalzahlung des rbb schwieriger. Gemeinsam mit der Personalabteilung hat die Freienvertretung aber individuelle Lösungen gesucht und gefunden.

Einen ähnlichen Zuschuss wie für die Kolleg*innen in der Produktion würde sich die Freienvertretung natürlich auch für die sog. programmgestaltenden Mitarbeiter*innen in den Redaktionen wünschen. Schon aus Gründen der Gerechtigkeit. Doch das ist nicht in Sicht. Dennoch raten wir ALLEN Kolleg*innen, unbedingt in die Pensionskasse einzutreten – wer nicht sowieso schon drin ist. Denn zum eigenen Anteil von 4 oder 7 Prozent des Einkommens, steuert der rbb noch einmal 4 Prozent bei. Wer früh, also jung in das Betriebsrentenmodell einsteigt, kann bis zum Ende der Erwerbstätigkeit einen ganz schönen Batzen ansparen.

Übrigens ist die Freienvertretung mit zwei Mitgliedervertreter*innen der Freien bei Entscheidungen der Pensionskasse dabei!

BEM:
Betriebliches Eingliederungsmanagement

Für angestellte Beschäftigte ist die behutsame Wiedereingliederung in den Betrieb nach schwerer Krankheit eine Selbstverständlichkeit. Dazu gehört i.d.R. eine Arbeitszeitreduzierung und die Vermeidung von Tätigkeiten, die die Mitarbeiter überfordern könnten.

Für freie Mitarbeiter*innen galt dieses Verfahren zunächst nicht. Durch den Abschluss des Bestandsschutz-Tarifvertrags, der das BEM analog zu den angestellten Beschäftigten auch für die nicht programmgestaltenden Freien einschloss, sah die Freienvertretung die Notwendigkeit, eine vergleichbare Regelung für ALLE Kolleg*innen zu finden, auch für jene im Programmbereich. Die Freienvertretung hat daraufhin einen Antrag über gemeinsame Leitlinien zur Umsetzung des BEM gestellt. So können auch programmgestaltende Mitarbeiter*innen, die seit langer Zeit im Sender beschäftigt und arbeitnehmerähnlich sind, ein entsprechendes Verfahren beantragen. Mittlerweile gibt es erste gute Erfahrungen in diesem Bereich.

Halbe Dienste

Die „halben Dienste“ kehren zurück – aber nur in von Mitarbeitenden gewünschten Ausnahmefällen. Und dann heißen sie „Teilzeithonorare“.

Laut Tarifvertrag gibt es eigentlich nur ganze Einsatztage. In den letzten Jahren war es in manchen Bereichen aber üblich, freie Mitarbeiter*innen nur für die Hälfte einer Schicht „einzukaufen“, weil es besser in den Arbeitsablauf passte. Ob es den Mitarbeiter*innen passte, wurde dabei nicht unbedingt berücksichtigt. Nach Beschwerden von freien Mitarbeiter*innen haben sich die Gewerkschaften entschieden, dieser Art der Disponierung einen Riegel vorzuschieben und dem rbb eine solche Praxis zu untersagen.

Nachdem sich jedoch herausstellte, dass manche Mitarbeiter*innen nur durch eine eingeschränkte Beschäftigung überhaupt weiter für den rbb tätig sein können, weil sie beispielsweise pflegebedürftige Angehörige versorgen müssen, haben sich Gewerkschaften und rbb erneut zusammengesetzt. Heraus gekommen ist eine Ausnahmeregelung. Auf Antrag der freien Mitarbeiter*innen, die aus Gründen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder aus gesundheitlichen Gründen einen Teilzeiteinsatz wollen, kann der bewilligt werden. Allerdings wacht die Freienvertretung über das Vorliegen der Voraussetzungen. Und die Personalabteilung muss den Gewerkschaften regelmäßig Bericht erstatten über die genehmigten Teilzeiteinsätze. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass „halbe Dienste“ tatsächlich nur auf Wunsch der Beschäftigten eingerichtet werden. Offiziell geregelt wird das durch einen Sideletter zum Tarifvertrag über die Mindestbedingungen. Die offizielle Zustimmung der Gewerkschaften muss noch erfolgen.

Vernetzung intern/extern

Wir sieben gewählten Freienvertreter*innen sind ziemlich stolz darauf, dass wir für viele von euch zu einer festen Größe geworden sind. Immer öfter hören wir in unseren Beratungen den Satz: „mein*e Kolleg*in meinte, ihr könnt mir bestimmt weiterhelfen…“ Meistens – oder immer öfter können wir das auch. Oft sind es auch die Freiensprecher*innen in den Bereichen, die bei Problemen oder Fragen direkt an uns verweisen. Diese interne Vernetzung ist für uns sehr wichtig! Deshalb halten wir es auch für absolut erforderlich, dass tatsächlich in allen Bereichen Freiensprecher*innen gewählt werden. Sie haben für uns den Finger am Puls der Redaktionen und Bereiche. Sie wissen, was läuft und was nicht. Auf ihre Hinweise sind wir angewiesen. Durch die engagierte Arbeit der Freiensprecher*innen im Playout Center haben wir erfahren, dass die Kolleg*innen dort eigentlich zu gering bezahlt werden und dass die Tätigkeit nicht programmgestaltend ist und somit unter den Bestandsschutztarifvertrag fällt.

Gewählte Freiensprecher*innen sind für die Arbeit der Freienvertretung unerlässlich. Bei unseren regelmäßig stattfindenden Quartalsgesprächen erfahren wir von Konflikten, Problemen oder Neuigkeiten. So können wir initiativ werden und Probleme mit dem Haus zu besprechen, auch mit der Intendantin und bestenfalls können wir sie lösen.

Den Blick über den rbb-Tellerrand hat die Freienvertretung ja schon länger gewagt. Über den ARD-Freienrat sind wir mit allen anderen ARD-Anstalten vernetzt. Das Gremium, das sich 2017 auf dem zweiten Freienkongress beim SWR gegründet hat, trifft sich vier Mal im Jahr. Die wesentliche Aufgabe ist, ein Sprachrohr der rund 18.000 arbeitnehmerähnlichen Freien in der ARD zu sein. Wie sehen die Arbeitsbedingungen und tariflichen Rechten für Freie in den Anstalten aus? Welche Honorare werden gezahlt? Welche soziale Verantwortung übernehmen die Sender für ihre freien Mitarbeiter? Diese und ähnliche Fragen werden regelmäßig diskutiert. Die Ergebnisse dienen oftmals als Grundlage für einen neuen Freienkongress. Der letzte, inzwischen vierte, wurde im April 2019 vom Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig ausgerichtet. Wir sind ziemlich stolz, dass die von der rbb-Freienvertretung ins Leben gerufene Versammlung mittlerweile zu einer Institution geworden ist. Und ganz offenbar auch an gesellschaftlicher Relevanz gewinnt. Haben sich die ARD-Oberen und Politiker auf den ersten Kongressen noch rar(er) gemacht, saß auf dem Podium im MDR der erste Ministerpräsident. Eröffnet wurde der Kongress von MDR-Intendatin Carola Wille.

So kann es weitergehen. Der nächste Kongress ist bereits gesetzt: er für den 24. und 25. April 2020 beim Saarländischen Rundfunk geplant. Alle freien Kolleg*innen sind wie immer herzlich dazu eingeladen.

Das dicke Brett

…ist in diesem Jahr an die (ver.di)-Kolleg*innen vom SWR gegangen. Sie haben nach langjährigen Verhandlungen einen Bestandsschutz für ALLE (programmgestaltend und nicht programmgestaltend) freien Mitarbeiter*innen erreicht.

„Das dicke Brett“ verleiht der ARD-Freienrat im Rahmen des jährlich stattfindenden Freienkongresses regelmäßig an Menschen und/oder Projekte innerhalb der ARD, die sich in besonderem Maße für die Rechte oder soziale Errungenschaften für Freie einsetzen.

Evaluation und Zukunft der Freienvertretung

Fünf Jahre sind wir jetzt im Amt, aber ob das Freienstatut sich bewährt hat, wissen die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg immer noch nicht. Ein bisschen Bewegung gibt es aber. Ein Urteil zur Rechtsfähigkeit der Freienvertretung durch das Bundesverwaltungsgericht sagt, dass das Freienstatut immerhin materiell Personalvertretungsrecht ist. Ein anwaltliches Gutachten zur rechtlichen Qualität des Freienstatuts kommt zu dem Schluss, dass es aber niemals Betriebsvereinbarungen ermöglichen könnte oder eine Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Der Journalistenverband sammelt Stimmen für seine Kampagne „Freie in den Personalrat“ und hat SPD-Medienpolitikerin Malu Dreyer zur Kronzeugin gemacht, dass auch Personalräte Freie gut vertreten könnten. Auf dem ARD-Freienkongress in Leipzig konnte man hören, dass auch ein konservativer Ministerpräsident keine Probleme mit Mitbestimmungsrechten für Freie hätte und selbst der MDR-Justitiar sich vorstellen könnte, dass Freie durch den Personalrat vertreten werden – wenn die Politik das denn so wollten. Bei der Politik liegt auch in Berlin und Brandenburg der Ball. Sei es durch Verbesserungen am Freienstatut oder durch die Vertretung der Arbeitnehmerähnlichen durch den Personalrat – die Entscheidung wird auf keinen Fall vor den Landtagswahlen in Brandenburg fallen und Änderungen wahrscheinlich kaum vor 2021 umgesetzt. Insofern wird den nächsten Tätigkeitsbericht wohl wieder eine Freienvertretung erstellen. Die Wahlen sind für Mai 2020 vorgesehen.

Ausblick

Vor uns liegt also noch ein knappes Jahr. Wir hätten uns gewünscht, dass ein Einzug Freier in den Personalrat möglich gewesen wäre. Oder aber mit einem deutlich verbesserten Freienstatut rechtlich stärker aufgestellt zu sein, um (mehr) mitbestimmen zu können. Diesen Gefallen hat uns die Politik nicht gemacht, die Evaluierung des Freienstatuts ist auf die lange Bank geschoben worden. Die Situation der freien Mitarbeiter*innen im öffentlich rechtlichen Rundfunk rangiert auf der Prioritätenliste unserer Volksvertreter*innen ganz offensichtlich nicht besonders weit oben.

Aber mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln werden wir auch zukünftig gegen Ungerechtigkeiten kämpfen. Es gibt weiterhin viel zu tun. Der digitale Umbau im rbb geht weiter und wir werden ein Auge darauf haben, dass sich die Arbeitsbedingungen der Freien  –  vermutlich verändern – aber auf keinen Fall verschlechtern.

Wir werden uns weiterhin in die Diskussion um Zukunftsprojekte einmischen. Dazu soll auch der mehrfach erwähnte „Alternative Zukunftstag“ beitragen, den wir für den Herbst planen. Einmischen und mitreden ohne Denkverbote!