Tarifstreit + Kürzungspläne + Zukunftsprozess

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

war was los diese Woche? Hauptthema in den Flurgesprächen am Montag war nach unserer Wahrnehmung jedenfalls ein Ereignis, das gar nicht stattgefunden hat. Es gab keinen Streik am Tag der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, obwohl viele das erwartet hatten. Immerhin hatten sich in einer Umfrage der Gewerkschaften ein Drittel der Befragten dafür ausgesprochen. Die Reaktionen auf das Ausbleiben eines Streiks bewegten sich zwischen Erleichterung und Enttäuschung – aber was war eigentlich der Grund dafür?

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Natürlich kann auch die Freienvertretung über die Motive nur spekulieren. Wir haben jedoch gehört, dass sich die Kolleg*innen wie auch die Gewerkschaften die Entscheidung nicht leicht gemacht und sorgfältig abgewogen haben. An mangelnder Streikbereitschaft habe es jedenfalls nicht gelegen – siehe das erwähnte Umfrageergebnis! Letztlich habe das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Beitragszahler*innen und dem journalistischen Kernauftrag des rbb den Ausschlag dafür gegeben, die Berichterstattung am Wahltag nicht zu einzuschränken. Finden wir nachvollziehbar. Zumal die Kolleg*innen für mögliche Streiks ja auch noch viele andere geeignete Tage identifiziert haben.

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Womöglich schärft sich das Bild ja noch im Laufe der kommenden Woche, die ja in vielerlei Hinsicht eine „Schicksalswoche“ für den rbb werden könnte. Am Mittwoch um 10 Uhr will die Intendantin auf einer Belegschaftsversammlung ihre „strategische Weichenstellung“ verkünden. Konkret soll benannt werden, wie genau der rbb die bis Ende 2024 angeblich fehlenden 41 Millionen Euro einsparen will. Dabei wird auch vor dem Programm nicht Halt gemacht, wie die Intendantin bereits klargestellt hat. Am Mittwochmittag werden wir spätestens wissen, welche Bereiche und Formate es treffen soll.

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Klar scheint: Die Rechnung für die Misswirtschaft von Schlesinger und Co. sollen offenbar die Beschäftigten bezahlen – und von Programmkürzungen sind ja eigentlich immer vor allem wir Freien betroffen. Aus Gründen der Gerechtigkeit und zur Wahrung des Betriebsfriedens fordern wir deshalb eine Beschäftigungsgarantie für die Freien – vergleichbar mit der Zusicherung der Intendantin an die Festen, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde. Sparorgien auf dem Rücken der Freien werden wir jedenfalls nicht hinnehmen! Die Belegschaftsversammlung findet übrigens erstmals seit fast drei Jahren wieder in Präsenz statt – im Großen Sendesaal des HdR werden alle die Möglichkeit haben, mit der Intendantin direkt über die von ihr vorgestellten Kürzungspläne ins Gespräch zu kommen. Wir hoffen, dass viele von euch diese Gelegenheit nutzen werden!

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Direkt am Tag danach soll es dann mit den Tarifverhandlungen über Gehalts- und Honorarsteigerungen weitergehen. Mutmaßliches Kalkül des rbb: Mitarbeitende, die um ihren Job bangen müssen, nehmen vielleicht auch massive Einbußen beim Realeinkommen in Kauf. Darauf würde jedenfalls das unterirdische Angebot einer Mini-Tarifsteigerung von 1,9 Prozent hinauslaufen. Mehr hatte der rbb auch bei der letzten Verhandlungsrunde am 26. Januar nicht im Köcher – die Folge war der sehr erfolgreiche Warnstreik am darauffolgenden Tag. Wie die Freienvertretung aus Gewerkschaftskreisen mitbekommen hat, gab es am heutigen Freitag eine kurzfristig anberaumte „Sondierungsrunde“ mit dem rbb. Ob der womöglich doch etwas aus dem Warnstreik gelernt und nächste Woche ein verbessertes Angebot vorlegen wird, ist zum Redaktionsschluss dieses Newsletters leider noch nicht bekannt. Nur so viel: Die Verhandlungsrunde am Donnerstag soll ebenfalls in Präsenz stattfinden – ab 10 Uhr im Radiohaus in Potsdam.

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Dass bei den Tarifverhandlungen kein Durchbruch zu erwarten ist, lassen allerdings die Einlassungen von Frau Vernau im Hauptausschuss des Brandenburger Landtags an diesem Mittwoch befürchten. Dort kündigte sie schon mal an, dass die rbb-Beschäftigten in jedem Fall einen Reallohnverlust hinnehmen müssten, da der rbb aufgrund seines „Finanzgebarens“ in der Vergangenheit keinen vollständigen Inflationsausgleich leisten könne. Abgesehen davon sei auch keine „Parallelverschiebung“ geplant – also keine gleichmäßige prozentuale Anhebung aller Gehälter und Honorare. Man wolle sich vielmehr um „einige Ungerechtigkeiten kümmern“ und dabei „strukturelle Akzente“ setzen, so die Intendantin. Wer sich nun über die damit angedeutete Absicht freut, Freie und Feste endlich gleichzustellen, kann sich diese Hoffnung aber wohl sofort wieder abschminken. Man könne die Ungerechtigkeiten „nicht auf einen Schlag beseitigen“, so Vernau, sondern allenfalls abmildern. Die Freienvertretung warnt jedenfalls davor, uns Freie hier gegen unsere nicht durchweg überbezahlten, festangestellten Kolleg*innen ausspielen zu lassen. Der Streik am 26. Januar hatte nur deshalb so große Auswirkungen, weil Freie und Feste dabei an einem Strang gezogen haben.

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Während mit großem Bahnhof die strategischen Weichen gestellt werden, ist der sogenannte Zukunftsprozess leider zwischenzeitlich aufs Abstellgleis gerollt. Die ersten Maßnahmen sollten eigentlich am heutigen Freitag beschlossen werden, allerdings wurde dieser Termin von der Intendantin kurzfristig abgesagt. Er soll nun am 2. März nachgeholt werden. Vielleicht ein Indiz dafür, dass sich die Zukunft des rbb doch eher an anderer Stelle entscheidet als im „Zukunftsprozess“? Wer sich dennoch einbringen will und bislang noch nicht zum Zuge gekommen ist: Aktuell läuft die Bewerbung für die fünfte und letzte Themengruppe „Modernes Arbeiten & Digitalisierung“. Wir wünschen allen Interessierten viel Erfolg!

Jetzt aber erstmal: Schönes Wochenende!

Eure Freienvertretung

Probleme mit den Intranet-Links? Wer von außen auf das Intranet zugreift, ersetzt den URL-Anfang (https://intranet.rbb-online.de/) durch https://mein.rbb-online.de:11005/.