Grundsatzurteil + Perspektivgespräche + Coronaleistungen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

eine gute Nachricht zum Wochenende: Die Grenze zwischen Festen und Freien bröckelt weiter! Grund dafür ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Donnerstag, dessen große Bedeutung für uns Freie sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Kurz zusammengefasst lautet es: Auch arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter*innen haben den Anspruch, nach dem „Entgelttransparenzgesetz“ zu erfahren, wie ihre Kolleg*innen bezahlt werden.

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Das Gesetz soll dazu beitragen, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden. Geklagt hatte die freie ZDF-Kollegin Birte Meier, weil das ZDF ihr die Auskunft, wieviel ihre mutmaßlich besser bezahlten, männlichen Kollegen verdienen, verweigert hatte. Begründung: Das Gesetz gelte nur für Arbeitnehmer*innen, nicht für freie Mitarbeiter*innen. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt verworfen: Zwischen Festen und Freien dürfe hier nicht unterschieden werden.

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Was folgt für uns daraus? So ganz genau kann man das noch nicht sagen. Aber arbeitnehmerähnliche Freie können jetzt den rbb auf jeden Fall fragen, was eigentlich der gleichqualifizierte Kollege mit denselben Aufgaben so verdient – und haben Anspruch auf eine Antwort! Die Freienvertretung hat ja schon vor Jahren herausgefunden, dass freie Frauen auch beim rbb für gleiche Tätigkeiten im Durchschnitt geringere Honorare als freie Männer bekommen. Jetzt kann jede freie Kollegin konkret überprüfen, ob sie beim Honorar benachteiligt wird, und Gleichstellung fordern.

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Auch die vom rbb so hartnäckig verteidigte Ungleichbezahlung von Festen und Freien könnte durch das Urteil weitere Risse bekommen. Dass z.B. eine freie Redakteurin schlechter bezahlt wird als ihr festangestellter Kollege mit den gleichen Aufgaben und Qualifikationen, dürfte sich in Zukunft noch schlechter begründen lassen als bisher.

Die juristische Fachpresse spricht schon von einem „großen Sieg für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte“. Die Freienvertretung wird sich das Urteil jedenfalls genau anschauen und prüfen, wie wir Freien im rbb davon profitieren können. #tobecontinued

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Etwas rückwärtsgewandt mutet dagegen das Fazit an, das der rbb aus der jetzt abgeschlossenen Evaluation der Perspektivgespräche gezogen hat: Der Titel „Perspektivgespräch“ habe Erwartungen bei den freien Mitarbeiter*innen geweckt, die der rbb nicht erfüllen konnte. Deshalb wird das Angebot zum persönlichen Austausch mit der zuständigen Führungskraft künftig unter der Bezeichnung „Gespräche zur Zusammenarbeit“ fortgeführt. Anders ausgedrückt: Da die Freien im rbb sowieso keine Perspektiven haben, braucht´s auch kein Perspektivgespräch. Bemerkenswert offene Worte.

Eine Onlinebefragung unter den Freien hat neben der Bezeichnung noch weiteres Optimierungspotential zu Tage gefördert. So sollen die Führungskräfte angehalten werden, die Gespräche offensiver anzubieten, darin mehr Wertschätzung zu äußern, Fortbildungsangebote stärker zu thematisieren und auf den Leitfaden hinzuweisen. Die Freienvertretung empfiehlt, die 2016 eingeführte und seitdem nur wenig nachgefragte Möglichkeit zum Perspek-, äh … „Gespräch zur Zusammenarbeit“ zu nutzen – notfalls auch ohne Perspektive!

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Außerhalb dieses Rahmens solltet ihr bei Bedarf vielleicht nochmal Chefin oder Chef auf die Coronaleistungen für Freie ansprechen. Auch wenn die Regelung zum Honorarersatz bei pandemiebedingten Auftragsrückgängen im Juli nicht verlängert werden, sind nach unserer Erkenntnis längst nicht alle berechtigten Forderungen erfüllt. Meist hakt es bei den Führungskräften, die Ansprüche abbügeln mit fantasievollen Begründungen wie: „gilt nur für Freie in Dienstplänen“, „wird nur gezahlt, wenn ganze Sendungen ausfallen“   oder: „Diese Regelungen gelten bei uns gar nicht“. Nochmal kurz und knapp zusammengefasst: Wer dem rbb in den Monaten April bis Juni zur Verfügung stand, sollte in dieser Zeit keinesfalls weniger als 80 Prozent des durchschnittlichen Vorjahreshonorars verdient haben. Bestandsgeschützte haben je Monat Anspruch auf das Honorar für 1/12 ihrer jährlichen Angebotsgarantie. Wenn ihr Fragen habt oder Unterstützung braucht, wendet euch gerne an uns: Tel. 80503 oder freienvertretung@rbb-online.de.

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Zum Schluss ein allerletztes Mal die Erinnerung: Bis zum 30.6. – also bis kommenden Dienstag – können noch Resturlaubstage aus 2019 beantragt werden. Damit die nicht verfallen, den ausgefüllten Urlaubsantrag am besten scannen und so schnell wie möglich per Mail an honorare@rbb-online.de. Last-minute-Urlaub bekommt da eine völlig neue Bedeutung…

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Jetzt erstmal ein sonniges, erholsames Wochenende!

Eure Freienvertretung