F&A zur Umstellung der Selbständigen-Honorare

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

aus besonderem Anlass melden wir uns mitten in der Woche. Wer bisher seine Honorare auf Lohnsteuerkarte und sozialversicherungspflichtig bekommt und damit kein Problem hat, braucht gar nicht erst weiterzulesen. Aber an alle, die bisher brutto=netto abgerechnet werden: Wir haben ein Problem. Seit Montag klingelt bei uns ständig das Telefon, der Informationsbedarf ist riesig. Unten findet ihr die typischen Fragen und Antworten. Bitte schon mal vormerken: unsere

Infoveranstaltung
am 21.1., 17 Uhr, Berlin, Raum ehem. 105  –
unser Gast aus Bonn Sozialrechtsexperte Michael Hirschler vom DJV.
Hier druckfrisch: Seine Broschüre mit Einordnung, Tipps und Hintergrund für rbb-Freie

Eure Freienvertretung
(sorry, alles mit ganz heißer Nadel gestrickt und der Bitte um Nach- und Vorsicht)

Liebe Freienvertretung, ich habe gehört, es soll beim rbb in Zukunft keine Autoren mehr geben. Wahnsinn! Ihr könnt doch sicher bestätigen, ob das stimmt oder nicht?!

Können wir leider nicht wirklich. Wir haben das am Montag auch gehört, konnten es auch nicht glauben und haben bei der Personalabteilung nachgefragt. Als Antwort haben wir leider bisher nur drei vieldeutige Sätze per Email bekommen und warten seitdem auf Rückruf.

Na toll. Durch den blöden neuen Honorarrahmen fliegen jetzt alle aus der KSK?!

Jein. Der Honorarrahmen hat überhaupt nichts damit zu tun, ob eine Tätigkeit SV-pflichtig ist oder selbständig. Aber es gibt natürlich einen zeitlichen Zusammenhang: Dem rbb ist schon seit Jahren klar, dass viele Honorare nicht korrekt abgerechnet werden. Weil jetzt durch die Umstellung sowieso alles auf dem Prüfstand ist, sollen bei der Gelegenheit die Abrechnungsprobleme gelöst werden.

Mir doch egal. Muss ich jetzt aus der KSK raus oder nicht?

Kann sein, muss nicht sein. Wer sich sicher sein kann, wirklich selbständig zu sein, für den wird sich wahrscheinlich nicht viel ändern.

Aber mein Chef sagt: Er kann ab sofort nicht mehr brutto=netto honorieren…

Da liegt er hoffentlich falsch. Die Personalabteilung hat uns zumindest dies hier geschrieben:
„Es wird eine Übergangfrist für die betroffenen Freien geben, um entsprechende Nachweise beim Finanzamt bzw. bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen zu können, die ihnen weiterhin eine Abrechnung Brutto=Netto ermöglichen könnten.“

„Übergangfrist“ – bis wann?

Manche Chefs sprechen von drei Monaten bzw. dem Stichtag 1. April. Können wir leider (noch) nicht bestätigen.

Jetzt habe ich also drei Monate oder so, um dem rbb zu beweisen, dass ich seit 20 Jahren selbständig bin?

So muss das wohl gemeint sein. Die Freienvertretung versteht das so: Der rbb unterstellt ab sofort, dass alle Beiträge (bis auf die ganz langen Features und Reportagen und Autor*innenmoderationen) in abhängiger Beschäftigung erstellt werden. Wer anderer Meinung ist, soll erstmal die Rentenversicherung und das Finanzamt davon überzeugen und mit einem entsprechenden Bescheid den rbb veranlassen, doch weiter brutto=netto abzurechnen. Wer den entsprechenden Nachweis nicht vorlegt, soll dann wohl umgestellt werden.

Und bloß, weil es ein paar Fälle gibt, bei denen nicht korrekt abgerechnet wurde, stehen alle Autor*innen unter Generalverdacht?

Sieht ganz so aus.

Alles ist doch jahrelang gut gegangen – wieso gehen die da überhaupt ran?

Tja, auch die Freienvertretung muss zugeben: Es gibt eine Menge Wildwuchs und viele Fälle, die einfach nicht korrekt sind. Und auch wenn es schön sein mag, so lange es gut geht: Langfristig ist es bestimmt nicht im Interesse der Freien, wenn plötzlich das Finanzamt und die Sozialversicherung mit Rückforderungen in der Tür stehen. Weil bei der Sozialversicherung im Zweifel der Arbeitgeber den größten Batzen nachzahlen muss, ist dem rbb das Risiko offensichtlich zu heiß geworden. Es gab auch Fälle, in denen die Personalabteilung der Revision nicht erklären konnte, warum für den Kollegen X Sozialabgaben abgeführt wurden, aber für Kollegin Y keine – obwohl sie dieselbe Arbeit machen. Jetzt soll wohl die Statusfeststellung dafür sorgen, dass der rbb den schwarzen Peter loswird.

Und was wird bei einer Statusfeststellung voraussichtlich herauskommen?

Schwer zu sagen. Faustregel: Wer fest in der Redaktion verankert ist, ist sozialversicherungspflichtig. Wer seine Beiträge mehr oder weniger auf eigene Faust plant, herstellt, produziert, am besten mit eigener Technik, ist selbständig. Wer von der Redaktion als NiF-Reporter*innen durchs Land gehetzt wird, ist wohl kaum selbständig. Aber durchaus,  wer als Kritiker*in die Arbeitszeit vor allem in Kinos und Theatern bzw. am heimischen Schreibtisch verbringt, und nur kurz die Kritik abwirft.

Beim Deutschlandradio gibt es ja das Überwiegensprinzip. Kommt das jetzt auch beim rbb?

Offiziell bestätigt wurde das nicht, und ob der rbb das tatsächlich will, wissen wir schlicht nicht. Aber im Ergebnis könnte es dazu kommen, denn die Rentenversicherung könnte bei der Statusfeststellung durchaus eine überwiegende Selbständigkeit konstatieren – dann würden gelegentliche Redaktionsdienste vielleicht auch ein Fall für die KSK. Sorry, wir können da jetzt auch nur spekulieren.

Mal angenommen, ich bekomme ab April nur noch SV-pflichtige Honorare vom rbb – kann ich trotzdem in der KSK bleiben?

Im Prinzip ja, aber nur so lange du genügend selbständige Honorare von anderen Kunden bekommst und nicht zuviel SV-pflichtige Honroare. Einzelheiten stehen hier und hier. Es ist kein Problem und auch nicht unbedingt nachteilig, wenn man in beiden Welten Honorare kassiert. Die Krankenkasse kann sogar (etwas) günstiger werden. Bei der Rente verändert sich nichts. Aber Verwaltungsaufwand macht das auf jeden Fall.

Und wenn ich derzeit keine anderen Auftraggeber habe?

Dann ist Schluss mit der KSK. Eine gewisse beitragsfreie Zeit geht, aber wer auf Dauer keine selbständigen Honorare bekommt, ist raus.

Muss ich mich freiwillig versichern?

Nicht, so lange der rbb regelmäßig Beiträge an die Krankenkasse abführt. Aber ganz so einfach wie über die KSK ist die normale gesetzliche Krankenversicherung leider nicht. Behandelt wird man auf Kosten der Krankenkasse bis zu vier Wochen nach dem letzten Einsatztag. Wir fordern schon lange, dass der rbb alle Freien durchmeldet, dann gibt es noch weniger Probleme. Man muss daran denken, die Wahlerklärung abzugeben, falls man nicht zum allgemeinen Beitragssatz angemeldet wird.

Oh Mann, das habe ich zum neuen Jahr gar nicht gebraucht. Kann man wenigstens etwas bei der Steuer retten?
Nicht wirklich, in den allmeisten Fällen wird der rbb die Lohnsteuer direkt abziehen. Im Einzelfall entscheidet das Finanzamt vielleicht anders. Richtig ist: Betriebskosten kann man von den lohnsteuerpflichtigen Honoraren nicht mehr abziehen. Wer das im großen Stil genutzt hat (Arbeitszimmer, Auto, Bewirtung, …) wird mit den Werbungskosten nicht glücklich werden.

Tolle Aussichten. Gibt es denn nicht irgendetwas Tröstliches?

Wie man‘s nimmt, eher Peanuts. Die sieben Prozent Umsatzsteuer fallen immerhin nicht mehr an. Der rbb zahlt für die gesetzliche Unfallversicherung. Die Berufsunfähigkeitsversicherung wird günstiger.

Ehrlich: Ich weiß gerade nicht, wo mir der Kopf steht. Mit dem Steuerberater sprechen. Für die KSK neu rechnen. Die Lebensversicherung prüfen…

Stimmt, aber nicht alles auf einmal. Die Übergangsfrist wird es ja wohl geben, die Rede ist von einem Informationsschfreiben der  Personalabteilungen und Einzelfall-Gesprächen.

Wie geht es weiter?

·        Ab sofort zum Selberlesen: Michael Hirschler vom DJV hat soeben eine Broschüre mit Einordnung und Hintergrund für rbb-Freie aus den Boden gestampft, so weit unter diesen unklaren Bedingungen möglich war. Unbedingt lesenswert.

·        Save the date: Am 21.1. um 17 Uhr laden wir euch zu einer Infoveranstaltung zum Thema ein (Berlin, Raum 105). Ebenfalls mit Michael Hirschler.

·        Wer es eilig hat: Er wird auch in der kommenden Woche Online für eure Fragen zur Verfügung stehen, die genauen technischen und terminlichen Fragen klären wir noch.