Tätigkeitsbericht der Freienvertretung 2018

Im Juni 2018

Vorwort

Liebe Kolleg/innen und Kollegen,

wer feiern will, findet auch einen Grund. Wie wäre dieser? 15 Jahre rbb, das bedeutet auch 15 Jahre Freienvertretung im rbb. Zunächst als selbst organisierte Freienbewegung, die viele Jahre vor allem eine Abwehrbewegung der Freien gegen den Sparkurs des rbb war.

Denn die Fusion zweier unterfinanzierter Sender ohne betriebsbedingte Kündigung musste wirtschaftlich auf Kosten der Freien gehen. Praktisch unmittelbar nach der Fusion im Mai 2003 ging der rbb gegen seine Freien vor, verschickte z.B. schon Mitte Juni massenweise Beendigungsmitteilungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kulturwellen. Der Widerstand ließ nicht lange auf sich warten. Anfang Juli tauschten sich die ehemaligen Freiensprecher des SFB und der ORB-Freienrat über Gegenmaßnahmen und eine neue Organisationsform aus. Dass die neue rbb-weite Freienvertretung sich kurz darauf „rbbprotest“ (und später rbbpro) nannte, war der Eskalation des Konflikts um Prognose und Zwangspause geschuldet. Bis 2006 verweigerte die Intendantin der Freienvertretung ihre Anerkennung. Und es dauerte Jahre, bis die Politik erkannte, dass sie 1500 feste Freie beim rbb nicht einfach ihrem Schicksal überlassen darf.

 

Seit fast vier Jahren ist die Freienvertretung nun nach dem Willen der Landesparlamente institutionalisiert – und, wie wir hoffen, nicht domestiziert. Dass die beiden rot-roten bzw. rot-rot-grünen Landesregierungen entgegen der alten Versprechen das Freienstatut immer noch nicht evaluiert und verbessert haben, ist eine der großen Enttäuschungen der laufenden Amtszeit. So lange wir keine belastbaren Beteiligungsrechte bekommen, kann die Freienvertretung keine wirksame Interessenvertretung sein. Aber wir versuchen, das Beste herauszuholen.

 

Die erste Hälfte unserer Amtszeit ist um, knapp zwei Jahre haben wir noch vor uns. Die Zwischenbilanz? Durchwachsen. Auf der einen Seite können wir manchmal selbst nicht fassen, wie schnell sich der rbb verändert hat: Bestandsschutz zumindest für 500 Freie. Das erste ernstzunehmende Angebot für faire Honorare im Programm. Die überfällige Renovierung des 12a-Traifvertrages kurz vor dem Abschluss. Viele Wünsche sind tatsächlich in Erfüllung gegangen. Auf der anderen Seite gibt es reichlich halbvolle/halbleere Gläser. Und von einer wirklichen Gleichstellung mit den Festen sind wir immer noch meilenweit entfernt.

 

In unserem vierten Tätigkeitsbericht wollen wir im Detail zeigen, was wir mit euch erreicht haben und woran wir uns die Zähne ausbeißen. Die Zeiten ändern sich, das Ziel bleibt gleich:

 

Respekt und Rechte für Freie!

 

Eure Freienvertretung

Inhalt

 

Tätigkeitsbericht der Freienvertretung……………………………………………… 1

Inhalt………………………………………………………………………………………………… 3

Zahlen I: Die Freienvertretung……………………………………………………… 4

Zahlen II: Die Freien…………………………………………………………………….. 5

Zahlen III: Der rbb…………………………………………………………………………. 5

Die Basis von allem: Beratung……………………………………………………… 6

Bestandsschutz: Der Weg in die richtige Richtung………………………. 8

Kaputte Tarifverträge…………………………………………………………………… 12

Durchversichern…………………………………………………………………………. 16

Programmreformen…………………………………………………………………….. 18

Fehlendes Personalkonzept…………………………………………. 20

Dauerthema Gleichstellung……………………………………………………….. 21

Erst kommt das Fressen … / Kantinenkommission…………………….. 21

… dann kommt der Gesundheitsschutz……………………………………… 23

Vernetzung intern/extern……………………………………………………………. 24

Das dicke Brett……………………………………………………………………………. 26

Rechte und Gerechtigkeit (Gerichtsverfahren und Evaluation)…. 27

Apropos Datenschutz…………………………………………………………………. 30

Ausblick………………………………………………………………………………………. 30

 

Zahlen I: Die Freienvertretung

Gewählte Mitglieder: 7

= 4 Männer + 3 Frauen

= 4 Radio + 3 Fernsehen + 0 Online

= 6 Redaktion + 1 Produktion

= 6 Berlin + 1 Potsdam

1 „Stelle“ mit Ersatzhonorar freigestellt,

verteilt auf 3 Personen (2 Wochen + 1 Woche + 1 Woche), das Büro ist immer mit einer/m Freienvertreter*in besetzt

1 Assistentin in (fast) Vollzeit

3 Räume in Berlin, 1. OG FSZ, zwischen Cafeteria und Personalrat

1 Raum in Potsdam, Eichenplatz 3, Raum 110

Sitzungen: jeden zweiten Dienstag

Etat: 153.000 Euro in diesem Jahr, davon

  • 20 Ersatzhonorare / Monat für Freistellung (ca. 5900/Monat)
  • Sitzungspauschale für die 6 nicht Freigestellten (je 500/Monat)
  • Honorarnebenkosten (ca. 2.200/Monat)
  • Schulungen, Veranstaltungen, Reiskosten, Bürobedarf etc.
  • Freiensprecher*innen und sonstige Ansprechpartner in den Bereichen: ca. 40
  • Kernzielgruppe: ca. 1500 arbeitnehmerähnliche Freie
  • Erweiterte Zielgruppe: 4300 Freie (inkl. arbeitnehmerähnliche)

Zahlen II: Die Freien

Der Durchschnittsfreie zum Stand März 2018 ist statistisch betrachtet,

  • einer von 1448 arbeitnehmerähnlichen Freien
  • halb männlich, halb weiblich (53:47)
  • knapp 45 Jahre alt
  • teilzeitbeschäftigt (122 von 220 Tagen, ohne Autor/innen)
  • erhält 2870 Euro Honorar pro Monat

Die größten Einsatzbereiche:

  • Redaktion (535)
  • Beiträge (236)
  • Moderation (92)
  • Kamera (84)
  • EB-Technik (83)
  • Schnitt (78)

Zahlen III: Der rbb

  • Wir kommen auf knapp 50 Arbeitsbereiche mit eigener Identität (Redaktionen, Abteilungen, Unterabteilungen), in denen es jeweils eine/n oder mehrere Freiensprecher*innen geben könnte.
  • Die Bandbreite reicht von Giganten wie der Abteilung Bild (inzwischen samt EB-Technik zuletzt 327 feste Freie) über Inforadio/rbb24 (136), den Radiowellen (40-80) bzw. großen TV-Redaktionen bis hin zu Zwergen (z.B. Film, Unterhaltung, Landespolitik <10 Freie).
  • In ca. 10 Bereichen haben wir derzeit keine Ansprechpartner/innen.

 

Die Basis von allem: Beratung

Wie beantrage ich Bildungsurlaub? Ist mein Honorar tarifkonform und was kann ich machen, wenn nicht? Welche Leistungen bekomme ich, wenn ich ein Kind bekomme? Falle ich unter den Bestandsschutz und wie setze ich meine Ansprüche gegebenenfalls durch? Und was kann ich tun, wenn mein Disponent mir immer nur die unattraktiven Dienste gibt?

Das sind nur einige der Fragen, mit denen wir täglich konfrontiert sind – per Email, Telefon oder im persönlichen Beratungsgespräch – und die wir mit zunehmender Routine meistens beantworten können. Mit rund 500 freien rbb-MitarbeiterInnen hatten wir so schon Kontakt. Das zeigt uns recht eindrucksvoll, dass wir gebraucht werden – und gibt uns wertvolle Hinweise, wo Probleme liegen und wir möglicherweise auch über den Einzelfall hinaus tätig werden müssen. Neben den üblichen Fragen nach tariflichen Leistungen, korrekter Bezahlung und angemessener Berücksichtigung der Auftragsvergabe war die Umsetzung des neuen Bestandsschutztarifvertrags seit Januar 2018 der größte Brocken für die Freienvertretung und hat uns teilweise bis an unsere Kapazitätsgrenzen geführt (dazu später mehr).

Nach wie vor gilt: Ein/e Freienvertreter*in ist in der Regel immer von montags bis freitags im Büro der Freienvertretung für euch da. Sie/er wird unterstützt von unserer Bürokraft Anja Hubert, die eure Anliegen entgegennimmt und weiterleitet, auch wenn der/die Freienvertreter*in gerade in einem Termin ist. Sie macht auch Termine mit euch aus, wenn ihr sichergehen wollt, eine persönliche Beratung ohne Wartezeiten zu bekommen.

Seit knapp einem Jahr haben wir endlich auch in Potsdam die Möglichkeit, euch angemessen zu beraten. Im Gebäude Eichenplatz 3 haben wir nun einen kleinen Raum (1. OG, Raum 110). Dort steht jeden Donnerstag ein/e Freienvertreter*in ganztägig für Beratungen und Gespräche zur Verfügung

Viele Fragen sind mit einer schnellen Antwort erledigt, andere Fälle beschäftigen uns über Tage und Wochen. Probleme gibt es immer dann, wenn die Sache „eigentlich“ klar ist, der rbb aber eine andere Auffassung z.B. zur Auslegung von Tarifverträgen oder Gesetzen hat. Oft sind uns dann die Hände gebunden, mangels umfassender Mitbestimmungsrechte können wir den Betroffenen in manchen Fällen nur den Gang zum Gericht empfehlen – ein Schritt, von dem immer mehr Freie im Streitfall auch Gebrauch machen. Manchmal lassen sich Konflikte allerdings auch schon durch ein klärendes Gespräch auf dem „kleinen Dienstweg“ klären – etwa bei Unstimmigkeiten bei der Dienstvergabe oder atmosphärischen Störungen im Verhältnis zum Chef/zur Chefin. Wir begleiten betroffene Freie auf Wunsch gerne bei solchen Gesprächen – häufig mit erfolgreichem Ausgang.

Da viele Fragen immer wieder auftauchen, haben wir die Antworten in unserem „Freien-ABC“ gesammelt – von A wie „Ausfallhonorar“ bis   Z wie „Zahlung im Krankheitsfall“. Ihr findet es im rbb-Intranet unter http://freinet/ – ins Internet gespiegelt unter www.rbbpro.de

Auch wenn das die persönliche Beratung natürlich nicht ersetzt, lassen sich etliche Routinefragen dort auf einen Blick klären. Außerdem organisieren wir in unregelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen zu bestimmten Themen wie „Altersvorsorge“, „Schutz vor Krankheit“ oder „Urlaub und Bildungsurlaub“, bei denen uns meist auch externe Expert*innen mit Kompetenz unterstützen.

Bestandsschutz: Der Weg in die richtige Richtung

Die Einführung des Bestandsschutztarifvertrags für „nicht-programmgestaltende“ Freie zum 1. Januar 2018 markiert eine Zeitenwende im rbb: Erstmal garantiert der rbb einer Gruppe von freien Mitarbeiter*innen eine bestimmte Zahl von Einsatztagen bis zur Rente – und gewährt ihnen außerdem soziale Leistungen wie einen Familienzuschlag oder eine bessere Altersvorsorge (durch zusätzliche Zahlungen des rbb an die Pensionskasse). Damit haben zumindest die „NPG-Freien“ die von der Freienvertretung geforderte Gleichstellung von Festen und Freien fast erreicht.

Auch wenn die Verhandlung dieses Tarifvertrags Sache der Gewerkschaften ver.di und djv sowie des rbb war, ist es Aufgabe der Freienvertretung, auf die korrekte Umsetzung zu achten und die Kolleg*innen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Tarifvertrag zu beraten und zu unterstützen. Die Folge: Vor allem in den Wochen vor Inkrafttreten des Tarifvertrags stand unser Telefon nicht mehr still. Viele Kolleg*innen brauchten erst einmal eine Basisberatung: Habe ich überhaupt Anspruch auf den Bestandsschutz? Erfülle ich alle Voraussetzungen? Wie berechnen sich meine garantierten Angebotstage? Wie komme ich in den Genuss der zusätzlichen sozialen Leistungen? Was bedeutet der Bestandsschutz für Rente, Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung? Soll ich den vom rbb angebotenen Honorarrahmenvertrag unterschreiben oder noch nachverhandeln?

Neben Routinefragen beschäftigten uns zunächst vor allem die „Härtefälle“ –  NPG-Freie, denen nur vergleichsweise wenige Garantietage angeboten wurden oder die die Voraussetzungen für den Bestandsschutz sogar ganz verfehlten, weil sie z.B. aufgrund von Krankheit, Eltern- oder Familienzeiten in dem betreffenden Zeitraum weniger als zuvor für den rbb im Einsatz waren. In diesen Fällen konnten wir meistens helfen – auch dank eines kulanten Vorgehens der Personalabteilung. Natürlich steckte hinter diesem Entgegenkommen – wie schon hinter der grundsätzlichen Bereitschaft des rbb, sich auf den Bestandsschutz einzulassen – das Bemühen, Statusklagen auf Festanstellung zu vermeiden. Weniger erfolgreich waren wir in Fällen, in denen langjährige Freie ausgerechnet im Bemessungszeitraum ungewöhnlich häufig für andere Auftraggeber tätig waren – und deshalb nur wenige oder gar keine Einsatztage beim rbb garantiert bekommen. Hier gibt uns auch der Wortlaut des Tarifvertrags leider kaum Ansatzpunkte, mehr für die Betroffenen herauszuholen.

Bis heute hat der rbb 563 Honorartarifverträge angeboten, die von den Freien zum allergrößten Teil angenommen wurden. Streit gibt es nun noch in einer Reihe von Fällen darum, ob eine Tätigkeit als programmgestaltend angesehen wird oder nicht. Während diese Frage für die Freien in der Produktion (Kameraleute und -assistent*innen, Cutter*innen, Aufnahmeleiter*innen, Maskenbildner*innen etc.) pauschal im Sinne des Bestandsschutzes beantwortet wurde, gestaltet sich das bei den Programmfreien schon kniffliger. Hier gibt es meist langwierige Einzelfallprüfungen, mit deren Ausgang wir nicht immer einverstanden sind. So hat sich der rbb zwar darauf eingelassen, die „Live-Untertitelung“ beim ARD-Text und bei den programmbegleitenden Diensten als NPG-Tätigkeit einzustufen und den betreffenden Kolleg*innen einen Bestandsschutz anzubieten. Bei den Onlinern, z.B. bei radioeins oder Antenne Brandenburg, verweigert er dagegen diese Anerkennung, obwohl deren programmlicher Gestaltungsspielraum nicht größer sein dürfte. Auf Empfehlung der Freienvertretung haben ver.di und djv nun die im Tarifvertrag bei Streitfällen vorgesehene Konfliktkommission aus rbb und Gewerkschaften einberufen. Möglicherweise können die strittigen Fälle aber auch erst vor Gericht entschieden werden.

Aktuell tauchen die meisten Probleme bei der Umsetzung des Bestandsschutzes im Zusammenhang mit der Dispo-Praxis auf. Das ist für uns nicht erstaunlich, da die Bereiche hier mit der größten Veränderung konfrontiert sind. Bestandsgeschützte Freie können nicht mehr – wie früher oft üblich – kurzfristig in die Lücken disponiert werden, die mit Festen nicht zu füllen waren. Sie haben jetzt einen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Einsatzangeboten, die ihnen mindestens zwei Wochen vorher bekannt gegeben werden müssen und sich von der Tätigkeit und der Verteilung im Jahr an der gewohnten Praxis orientieren müssen. Immer wieder gibt es Konflikte um die Zahl der zulässigen Sperrtage – auch, weil der Bestandsschutztarifvertrag hierzu keine klaren Vorgaben macht („in einem vertretbaren und angemessenen Umfang“). Streng genommen müssten nur so viele Tage „freigegeben“ werden, wie auch Ansprüche auf Einsatzangebote bestehen. Das würde aber in der Praxis eine Disponierung fast unmöglich machen. Die Freienvertretung rät deshalb zu einer Vorgehensweise nach dem Motto „leben und leben lassen“. Jede*r sollte nur die Tage sperren, an denen er/sie auch tatsächlich nicht arbeiten kann – auch um dem Bereich keinen Anlass zu geben, zur Bewältigung der anfallenden Aufträge neue Freie zu beschäftigen.

Tatsächlich sieht der Tarifvertrag hier vor, dass hier zunächst die Beschäftigung der Bestandsgeschützten über die garantierten Einsatztage hinaus geprüft werden soll. Die Prognosegrenzen gelten für sie nicht mehr. Das scheint sich aber noch nicht in allen Bereichen herumgesprochen zu haben: Dort gibt es z.T. für die Freien mit Honorarrahmenvertrag keinen Tag mehr als vorgeschrieben, während fröhlich neue eingestellt werden. Hier schaut die Freienvertretung genau hin und schreitet ggf. ein.

Leider konnte wir noch keine Einigung darüber erzielen, wie kurzfristige – Vorlauf weniger als zwei Wochen – unterbreitete Einsatzangebote bewertet werden sollen. Es ist unstrittig, dass sie vom Kontingent garantierter Einsatztage nicht abgezogen werden, wenn man sie ablehnt. Der rbb ist allerdings der Meinung, sie anzurechnen, wenn sie angenommen werden. Die Freienvertretung sieht das kritisch: die Kolleg*innen werden dadurch nicht motiviert, kurzfristig einzuspringen. Umgekehrt gibt es so für die Bereiche nur einen geringen Anreiz, Einsatzangebote rechtzeitig zu unterbreiten. Deshalb fordern wir: kurzfristig beauftragte Einsätze müssen immer „on top“ – zusätzlich zu den garantierten Einsatzangeboten – gewertet werden.

Einige KollegInnen kamen auch in die Sprechstunde, weil sie mit dem durch den Honorarrahmenvertrag begründeten, durchgängigen Arbeitsverhältnis nicht einverstanden sind. Ihnen entstehen u.U. etwas höhere Abzüge zu den Sozialversicherungen, es wird noch schwieriger, sich zwischen den Einsatztagen arbeitslos zu melden. Wir sind der Meinung, dass die Vorteile des „Durchversicherns“ – gegenüber dem tageweisen An- und Abmelden – überwiegen. Sie bieten einen durchgängigen Krankenversicherungsschutz und eine bessere Absicherung im Rentenalter.

Insgesamt sehen wir im Bestandsschutz eine große Verbesserung für die einbezogenen freien Mitarbeiter*innen: Er gibt ihnen Beschäftigungs- und Planungssicherheit, verbessert ihre soziale Absicherung sowie ihre Stellung gegenüber Chefs und festen Kolleg*innen. Eine Ausweitung auf alle arbeitnehmerähnlichen Freien – programmgestaltende wie nicht-programmgestaltende – wäre aus unserer Sicht zu begrüßen.

Kaputte Tarifverträge

Eine unserer Aufgaben laut Freienstatut ist es, auf die Einhaltung geltender Tarifverträge zu achten. In unserer alltäglichen Beratungsarbeit werden wir leider regelmäßig mit Verstößen des rbb dagegen konfrontiert: So zahlen etwa das Kulturradio oder die Redaktion Dokumentation und Zeitgeschehen z.T. krass untertarifliche Honorare. Das ARD-Play-Out-Center, eine vom rbb betriebene Gemeinschaftseinrichtung, honoriert viele langjährige redaktionelle Mitarbeiter*innen nach Sätzen, die der nach wie vor geltende ORB-Honorarrahmen eigentlich für Assistent*innen vorsieht. Nach einer Beratung durch die Freienvertretung haben dort jetzt knapp zwanzig Kolleg*innen ihre zuständigen Führungskräfte aufgefordert, tarifkonforme Honorare zu zahlen. Eine Antwort steht noch aus.

Das Problem an solchen und ähnlichen Fällen: Wenn der rbb die Tarifverträge anders auslegt als die Freienvertretung und dabei zu dem Schluss kommt, dass seine Praxis rechtens ist, haben wir kaum Möglichkeiten, unserer Position Geltung zu verschaffen. Den betroffenen freien Mitarbeiter*innen bleibt oft nur der Klageweg – von dem aber in letzter Zeit eine wachsende Anzahl von Kolleg*nnen Gebrauch macht.

Ein Grund für viele derartige Auseinandersetzungen ist auch der Umstand, dass wesentliche Tarifverträge fehlen, nicht mehr aktuell, unzureichend oder in sich widersprüchlich sind. So wird seit mittlerweile 14 Jahren erfolglos über den „Honorarrahmen Programm“ verhandelt. Auch im 15. Jahr des rbb gelten daher die – an die jährlichen Tarifsteigerungen angepassten – alten Honorartarifverträge des ORB und des SFB weiter. Das Resultat ist ein Flickenteppich unterschiedlichster Honorarhöhen für z.T. identische Tätigkeiten, der nicht nur ungerecht und intransparent, sondern auch für den rbb immer schwerer zu verstehen ist. Wir hoffen, dass die zunehmende Zahl an Konfliktfällen über tarifkonforme Honorare, mit denen die Freienvertretung konfrontiert ist und in der Folge auch die Bereiche des rbb, dort das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines einheitlichen Honorarrahmens schärft. Nachdem die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und rbb zu Beginn des Jahres wegen eines völlig inakzeptablen Angebots des rbb zunächst unterbrochen worden waren, hat die Geschäftsleitung inzwischen nachgebessert. Es besteht immerhin Einigkeit, dass die Honorare perspektivisch den Gehältern Festangestellter mit vergleichbaren Aufgaben angeglichen werden müssen. Ob der nun vom rbb vorgelegte Vorschlag eine Grundlage für weitere Verhandlungen oder sogar eine Einigung sein kann, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.

Auch die vielen eklatanten Mängel des sogenannten 12a-Tarifvertrags – ausgeschrieben: „Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen (TVaäP)“ beschäftigen die Freienvertretung regelmäßig. Der 12a-Tarifvertrag regelt die sozialen Leistungen für arbeitnehmerähnliche Freie – also etwa das Urlaubsentgelt, Leistungen bei Krankheit und Schwangerschaft/Geburt, Ankündigungsfristen und Ausgleichszahlungen bei Beendigung bzw. wesentlicher Einschränkung von freier Mitarbeit. Einige Probleme, die uns in unserer Beratung immer wieder begegnen:

 

  1. Die Honorarabteilung kürzt den Urlaubsanspruch, weil der/die Freie ihre Beschäftigung für mehr als 4 Wochen unterbrochen hat. Damit wird er/sie doppelt „bestraft“, weil im Folgejahr dann auch das Urlaubsentgelt pro Tag niedriger sein wird. Unserer Meinung nach ein Verstoß gegen den Tarifvertrag – die Personalabteilung sieht das anders.
  2. Das Urlaubsentgelt eines dritten Auftraggebers – z.B. des ZDF – wird vom rbb-Urlaubsentgelt abgezogen. Leider tarifkonform, aber sehr ungerecht, da auch hier eine „Doppelbestrafung“ entsteht.
  3. Kolleg*innen bekommen keine Leistungen im Krankheitsfall, weil sie nur für zwei oder drei Tage krankgeschrieben waren. Auch das ist leider nach dem aktuellen Tarifvertrag korrekt, da es Leistungen nur bei Krankheiten ab 4 Tagen Dauer gibt. Es handelt sich aber eine dringend korrekturbedürftige Benachteiligung der Freien gegenüber ihren festangestellten Kolleg*innen.
  4. Arbeitnehmerähnliche Freie stellen am Jahresende fest, dass ihr Honorar im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 25 % gesunken ist. Eine Ankündigung auf „wesentliche Einschränkung“ hat der rbb ihnen nicht geschickt. Nun gibt es Streit darum, für welchen Zeitraum ihnen eine Ausgleichszahlung zusteht und welche Einkünfte angerechnet werden müssen. Die Regelungen dazu im Tarifvertrag sind unklar formuliert und können sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
  5. Freie Kolleginnen, denen in der Schwangerschaft ein ärztliches Beschäftigungsverbot attestiert wird, erhalten vom rbb keine Leistungen im Krankheitsfall. Das ist zwar tarifvertragskonform, aber absurd ungerecht. Selbst der rbb empfiehlt den Kolleginnen in diesen Fällen, sich stattdessen krankschreiben zu lassen.

Diese und viele weitere Fälle aus dem Beratungsalltag der Freienvertretung haben letztlich dazu geführt, dass der 12a-Tarifvertrag seit November zwischen rbb und Gewerkschaften neu verhandelt wird. Dabei sollen nicht nur offenkundige Fehler und Ungerechtigkeiten korrigiert, sondern auch die soziale Absicherung der arbeitnehmerähnlichen Freien verbessert werden. Für die Gewerkschaften steht dabei der verbesserte Schutz vor Beendigung und wesentlicher Einschränkung im Vordergrund  –  im Sinne eines „Bestandsschutzes light“ auch für die programmgestaltenden Freien. Eine Ausweitung des Bestandsschutzes der NPG-Freien lehnt der rbb mit der Begründung ab, dass er bei den Programmgestaltenden ein verfassungsrechtlich geschütztes Abwechslungsbedürfnis habe – ob zurecht, können letztlich wohl nur Gerichte entscheiden. Vorerst bemühen sich die Gewerkschaften daher um stark verlängerte Ankündigungsfristen v.a. für langjährige Freie von mindestens 36 Monaten sowie eine stärkere Reglementierung des Ankündigungsverfahrens. Weitere, wichtige Forderungen für den 12a-Tarifvertrag: Leistungen auch bei Erkrankungen von weniger als vier Tagen sowie ein monatlicher Familienzuschlag für alle  Kinder von Freien – so, wie er schon jetzt den Festen sowie den bestandsgeschützten NPG-Freien gezahlt wird. Gegenüber allen Forderungen hat der rbb Entgegenkommen signalisiert. Ein Abschluss mit entsprechenden Verbesserungen und Präzisierung erscheint noch in diesem Jahr möglich.

Durchversichern

Für die meisten Kolleg*innen in der Produktion ist das Thema vom Tisch – sie müssen sich wegen des nun bestehenden Bestandsschutz-Tarifvertrages keine Gedanken mehr über das sog. „Durchversichern“ bei Krankenkasse und Rentenversicherung machen. Ebenso wie die Kolleg*innen in den Redaktionen, die einen Rahmenvertrag haben, werden sie vom rbb den kompletten Monat durchversichert. Das führt für die Kolleg*innen zu etwas höheren Abgaben, zahlt sich jedoch spätestens mit Eintritt ins Rentenalter aus! Der Rententopf ist einfach praller gefüllt, wenn regelmäßig und ohne Unterbrechungen eingezahlt wird.

Anders läuft es immer noch bei den Kolleg*innen, die „auf Prognose“ arbeiten. Bei ihnen macht sich der Sender die Mühe, jede/n Einzelne/n an jedem honorierten Tag an- und wieder abzumelden. Das macht Arbeit, aber der rbb spart damit (ein wenig) Geld.

Freie, die in Rente gehen, können unter Umständen Opfer der kruden Versicherungspraxis des Hauses werden. Wenn sie während ihrer aktiven Arbeitszeit nur tageweise an die Sozialversicherung gemeldet wurden, dann erfüllen sie möglicherweise die erforderliche „Vorversicherungszeit“ nicht, um auch als Rentner*in über die „Krankenversicherung der Rentner“ (KVdR) versorgt zu sein. Die Folge: sie müssen sich freiwillig oder privat weiter krankenversichern und das kann teuer werden.

ARD-weit ist diese Praxis ein Auslaufmodell. Nur noch zwei Sendeanstalten (WDR und rbb) verfahren so. Leider hat sich der rbb trotz mehrmaliger Anläufe und permanenter Kritik der Freienvertretung bislang nicht von dieser Praxis verabschiedet.

Neue Fahrt hat das Thema im Rahmen der Verhandlungen zu einem verbesserten 12a-Tarifvertrag aufgenommen. Der regelt im Großen und Ganzen die sozialen Belange der Freien (Urlaubsgeld, Krankengeld usw.). Die Freienvertretung hat den Gewerkschaften mit auf den Weg gegeben, die „Durchversicherung“ aller Freien endlich tarifvertraglich einheitlich zu regeln.

Programmreformen

Die Programmreformen haben uns – und euch alle – im letzten Jahr weiterhin in Atem gehalten. Super.Markt, Abendshow, Täter, Opfer, Polizei. Manche hatten den Eindruck, dass im rbb kein Stein auf dem anderen bleibt und Sendestrukturen komplett auf den Kopf gestellt werden. Auch wenn der neue Schwung, den die Intendantin ins Haus gebracht hat, von vielen begeistert mitgetragen wurde, machte sich zu Anfang doch auch eine große Verunsicherung breit. Wer darf wo weiter an seinem Platz arbeiten bzw. wird es diesen Platz in Zukunft überhaupt noch geben? Die Freienvertretung hatte alle Hände voll damit zu tun, Kolleg*innen zu unterstützen, für die in den neuen Formaten kein Platz mehr zu sein schien. Rund 50 freie Kolleg*innen haben im Zusammenhang mit der Programmreform Einschränkungs- bzw. Beendigungsmitteilungen erhalten. Viele von ihnen haben sich an uns gewandt, in einigen Fällen konnten wir Fehler korrigieren. In anderen konnten wir dazu beitragen, neue Beschäftigungsbereiche zu finden. Inzwischen hat sich die Situation für die Programm-Freien, die geblieben sind, einigermaßen beruhigt.

Allerdings waren die Arbeitsbedingungen für Freie in den neuen Formaten nicht immer rosig. Oft sollte zu viel Leistung für zu wenig Geld erbracht werden, die Unsicherheit bei den Vorgesetzen, was angemessen bezahlt ist, war groß. Viele Honorare wurden auch „erstmal so“ vereinbart, bis der neue Honorarrahmen endlich vorliegt. Das führte zu neuen Ungerechtigkeiten gegenüber jenen, die schon lange auf eine angemessene Bezahlung für ihre Arbeit warten. Aber der „BER“ (=Honorarrahmen) des rbb lässt leider weiter auf sich warten. Für die Freienvertretung bedeutet das, viele Kolleg*innen weiterhin in ihrem Kampf gegen nicht tarifkonforme Honorare zu unterstützen.

Die zu erwartende „Beschäftigungsdelle“ im Rahmen der Programmreform konnte die Freienvertretung für die freien Kolleg*innen in der Produktion durch Verabredungen mit den Verantwortlichen abmildern, z.B. durch die Einführung von „Swing“-Lösungen (flexible Handhabung der Prognose-Regelung). Trotzdem ist es in einigen Gewerken zu teils dramatischen Beschäftigungseinbrüchen gekommen.

Mit dem Anfang 2018 in Kraft getretenen Bestandsschutz-Tarifvertrag müssen sich die freien Kolleg*innen in der Produktion nun keine Sorgen mehr über ausbleibende Beschäftigung machen. Egal, welche Neuerungen oder Reformen beschlossen werden sollten, sie können sich auf ihre Beschäftigungsgarantie bis zur Rente berufen. Das sorgt für Ruhe, auch wenn sich die Arbeit durch neue Produktionsmittel und -formen deutlich verändern wird. Stichwort: „Smart Production“. Eine ähnliche Entwicklung, zumindest einen „Bestandsschutz light“, würden wir uns für die Programmmitarbeiter*innen wünschen. Freie Kolleg*innen, die schon seit vielen Jahren für den rbb arbeiten, sollten nicht einfach vor die Tür gesetzt werden können. Das ist eine Frage von sozialer Verantwortung. Die Freienvertretung hat die Gewerkschaften eindringlich aufgefordert, mit dem rbb im Rahmen der 12a-Tarifverhandlungen eine Lösung zu finden.

Denn – die Reformen gehen ja weiter. Nachdem das Fernsehen spür- und sichtbar umgekrempelt wurde, folgen nun auch die Radioprogramme. So soll zum Beispiel Fritz von der analogen Radiowelle zur „Digitalmarke“ werden. Ein Vorhaben, bei dem sich zwangsläufig Tätigkeitsfelder ändern oder komplett wegfallen werden. Wir werden diesen Prozess aufmerksam verfolgen und von der Reform betroffene Kolleg*innen beraten und unterstützen.

Fehlendes Personalkonzept

 Im Jahr 1 nach der Programmreform fehlen an allen Ecken und Enden freie Mitarbeiter*innen – vor allem im journalistischen Bereich. Statt dem Vorschlag der Freienvertretung zu folgen, zeitgleich mit der Programmreform eine Art „In-House-Stellenbörse für Freie“ einzurichten, sucht der rbb nun mit unspezifischen Stellenanzeigen freie Mitarbeiter*innen. Ein Schlag ins Gesicht für viele langjährige rbb-Freie, gestandene Journalist*innen, die sich gerne inhaltlich und zeitlich stärker bei ihrem rbb einbringen möchten. Das Know-How und die Erfahrung der Kolleg*innen sind aber offensichtlich nicht (mehr) gefragt. Anstatt schlummernde Talente innerhalb des Senders aufzuspüren oder Kolleg*innen zu identifizieren, die ungeahnte Qualifikationen haben und gerne ein paar Beschäftigungstage mehr haben möchten, setzt der rbb auf pauschale Anwerbeversuche. Die Freienvertretung kritisiert das scharf! Seit Beginn unserer Amtszeit drängen wir darauf, die Freien in ein strategisches Personalkonzept einzubinden. Jetzt endlich gibt es erste Bestrebungen in diese Richtung.

Dauerthema Gleichstellung

Im Jahr 2018 sollte der gleiche Verdienst von Männern und Frauen eigentlich kein Thema mehr sein. Leider bleibt es uns erhalten. Wie in den Jahren zuvor, haben freie rbb-Kolleginnen auch 2017 wieder  rund 7 Prozent weniger Einkommen als ihre männlichen Kollegen. Freie Frauen gehen durchschnittlich mit 33.500 €/Jahr nach Hause, während die Männer über 35.000€/Jahr erhalten. Schließlich arbeiten die Männer auch mehr als die Frauen, im Schnitt 3 Tage pro Jahr (122/119).  Ob das einen Unterschied von fast 1.660 Euro erklärt?

Auch wenn der rbb ARD-weit bei Frauen in Führungspositionen ziemlich weit vorne liegen mag: in Sachen finanzieller Gleichstellung ist bei den Freien zumindest noch Luft nach oben.

Erst kommt das Fressen … / Kantinenkommission

Eine scheinbar endlose Geschichte, die uns auch in den letzten 12 Monaten beschäftigt hat: Die unbefriedigende Situation in den Versorgungseinrichtungen des rbb. Während der Betrieb in der Potsdamer Teestube halbwegs stabil läuft, häufen sich die Probleme in Cafeteria und Casino in Berlin: Klagen über schlechtes Essen, unzufriedene Caterer, hohe Zuschüsse. Und nach wie vor verfolgt der rbb das Ziel, durch eingeschränkte Öffnungszeiten vor allem an den Abenden und den Wochenenden die Kosten zu senken. Aber vor allen Veränderungen steht die Freienvertretung! Denn: In Kantinenfragen haben wir eines unserer raren Mitbestimmungsrechte. Und so ringen wir Monat für Monat in der „AG Mitarbeiterversorgung“ mit der Abteilung Infrastruktur und dem Personalrat um sozialverträgliche Lösungen, die auch die Bedürfnisse der Freien berücksichtigen. Da diese – im Unterschied z.B. zu vielen Verwaltungsangestellten – nicht nur von montags bis freitags zwischen 12 und 13 Uhr eine warme Mahlzeit brauchen, werden wir verkürzten Öffnungszeiten nur zustimmen, wenn es eine akzeptable Alternative gibt. Nach wie vor ist da von einem „Automatenkonzept“ die Rede, das auch warme Speisen beinhalten soll. Zwar gibt es inzwischen entsprechende Umbaupläne für Cafeteria und Teestube, weitergehende Überlegungen fehlen aber offenbar immer noch und auch mögliche Anbieter scheinen nicht gerade Schlange zu stehen.

Seit dem Amtsantritt von Patricia Schlesinger weht auch in Kantinenfragen ein neuer Wind durch den rbb. Nicht mehr Kosteneinsparung um jeden Preis steht jetzt im Vordergrund, sondern eine „Qualitätsoffensive“ wurde ausgerufen. Erste Maßnahme im Herbst 2017: Dir Gründung einer „Kantinenjury“, die die Qualität des Essens in Berlin bewerten soll. Für die Freienvertretung machte Thomas Prinzler den Testesser – und war damit auch der einzige Freie in der Jury. Das im Abschlussbericht festgehaltene Resultat: Das Kantinenessen war besser als erwartet. Ob das alle so sehen und ob die Bewertung der Jury an der Essensqualität etwas verändert hat, muss jede*r selbst beurteilen. Die Führung des Hauses scheint jedenfalls noch nicht zufrieden zu sein: Während der Vertrag mit Betreiber Dussmann für die Potsdamer Teestube mit Zustimmung der Freienvertretung für zunächst zwei Jahre verlängert wurde, soll für die Berliner Versorgungseinrichtungen das Angebot eines neuen Caterers eingeholt werden. To be continued…

… dann kommt der Gesundheitsschutz

Die sogenannten „Gefährdungsbeurteilungsuntersuchungen“, kurz GBU(en), bleiben ein wichtiger Hebel für die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen von Freien. Sie sind gesetzlich vorgeschrieben und ermöglichen der Freienvertretung einen guten Einblick in die Bereiche.

Jedes Jahr gibt es nur eine begrenzte Anzahl dieser Untersuchungen, die von einer externen Firma – in den letzten Jahren war das meist die Fa. Caro – durchgeführt wird. Neben Ergonomie, Raumluft, Beleuchtung usw. stehen ausdrücklich auch das soziale Klima und die Kommunikationsstrukturen auf dem Prüfstand.

Die Ergebnisse der GBU münden in einen Maßnahmenkatalog, mit dem die Gefährdungen abgebaut werden müssen. Die Freienvertre-tung begleitet die GBU gemeinsam mit dem Personalrat – von der Auswahl der zu untersuchenden Arbeitsbereiche und der dazu zu be-fragenden Mitarbeiter*innen bis hin zur Umsetzung beschlossener Maßnahmen.

Während die Arbeit freier Mitarbeiter*innen bei den GBUen bis vor kurzer Zeit oft gar nicht berücksichtigt wurde, hat die Freienvertretung in den letzten Jahren darauf geachtet, dass Feste und Freie in einem repräsentativen Verhältnis in den Blick genommen wurden und auch spezifische Belastungen für Freie Eingang in die Untersuchung fan-den.

Letztes Jahr wurde auf Anregung der Freienvertretung eine GBU bei den VJs durchgeführt. Ein Arbeitsbereich, der inhomogener nicht sein könnte, der keine einheitlichen Standards hat, nicht einmal eine einheitliche Honorierung vorsieht. So war eins der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung, dass die VJs enorm darunter leiden, dass vor jedem Einsatz das Honorar verhandelt werden muss – vielen Redaktionen aber nicht einmal das zu zahlende Mindesthonorar bekannt war. Ein weiteres wichtiges Ergebnis beschreibt den Druck, dem die VJs ausgesetzt sind, allem voran der zeitliche Druck. Die Redaktionen schicken „schnell mal“ einen VJ los, ohne zu bedenken, dass die oder der zunächst das Equipment checken und sich anschließend Gedanken über den Transport machen muss. Für die gewünschten Bilder bleibt vor Ort meist wenig Zeit, bevor es „schnell wieder“ zurück in den Sender geht. Wo die/der VJ dann oft vor dem Problem steht, das Material dorthin zu bekommen, wo es geschnitten werden kann. Oft gibt es technische Probleme. Insgesamt miserable Arbeitsbedingungen, die nun mit entsprechenden Maßnahmen verbessert werden sollen.  Und auch hier konnte die Freienvertretung einen Erfolg verbuchen: bei den Beratungen werden erfahrene VJs dabei sein, die ihre Praxiserfahrungen mit einbringen können. Für die Arbeit in dem Gremium erhalten die freien Kolleg*innen ein Honorar. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich mussten wir für die Bezahlung des Arbeitsaufwandes kämpfen!

Vernetzung intern/extern

Wir sieben gewählten Freienvertreter*innen kommen zwar viel rum in den Standorten Berlin und Potsdam, können aber nicht überall sein. Deshalb sind wir auf gezielte Rückmeldungen aus den Bereichen angewiesen. Das klappt immer besser, weil immer mehr Abteilungen ihre eigenen Freiensprecher*innen wählen. Wir würden uns wünschen, dass es in allen 50 der von uns identifizierten Bereiche Freiensprecher*innen gäbe. Die Hälfte haben wir immerhin schon geschafft!  Abgesehen von Abendschau und Brandenburg Aktuell sind die Kolleg*innen in den meisten Fernsehredaktionen leider sehr zurückhaltend. Dort gibt es keine Sprecher*innen. Neu dazu gekommen sind im letzten Jahr u.a. radioeins und das Play Out Center. Gewählte Freiensprecher*innen sind für die Arbeit der Freienvertretung unerlässlich. Sie sind an der Basis und können uns auf den regelmäßig stattfindenden Quartalsgesprächen Konflikte, Probleme oder Neuigkeiten übermitteln. Nur wenn wir erfahren, wo Freien „der Schuh drückt“, haben wir Gelegenheit, initiativ zu werden und Probleme mit dem Haus zu besprechen und zu lösen.

Den Blick über den Tellerrand hinaus in das weite Rund der ARD haben wir ja schon länger gewagt. Mittlerweile sind wir Freien über den ARD-Freienrat mit allen Häusern vernetzt. Das Gremium, das sich 2017 auf dem zweiten Freienkongress beim SWR gegründet hat, trifft sich vier Mal im Jahr. Die wesentliche Aufgabe ist, ein Sprachrohr der rund 18.000 arbeitnehmerähnlichen Freien in der ARD zu sein. Wie sehen die Arbeitsbedingungen und tariflichen Rechten für Freie in den Anstalten aus? Welche Honorare werden gezahlt? Welche soziale Verantwortung übernehmen die Sender für ihre freien Mitarbeiter? Diese und ähnliche Fragen werden regelmäßig diskutiert. Die Ergebnisse dienen oftmals als Grundlage für einen neuen Freienkongress. Der letzte, inzwischen dritte, wurde im April dieses Jahres von Radio Bremen ausgerichtet. Der nächste ist auch schon gesetzt: er wird am 5. und 6. April 2019 beim MDR in Leipzig stattfinden. Alle freien Kolleg*innen sind herzlich dazu eingeladen.

 Das dicke Brett

Wir machen gar keinen Hehl draus: Wir sind stolz wie Bolle, gleich bei der ersten Preisverleihung „Das dicke Brett“ abgesahnt zu haben! Diesen neu ausgelobten Preis verleiht der ARD-Freienrat im Rahmen des jährlich stattfindenden Freienkongresses fortan regelmäßig an Menschen und/oder Projekte innerhalb der ARD, die sich in besonderem Maße für die Rechte oder soziale Errungenschaften für Freie einsetzen. Die rbb-Freien wurden für ihre „Legalize-Kampagne“ ausgezeichnet, die mit der maßgeblichen Unterstützung von ver.di-Frau Marika Kavouras letztendlich in den Bestandsschutz-Tarifvertrag für alle nicht programmgestaltenden freien Kolleg*innen mündete. Für „Das dicke Brett“ ist auch ein besonderer Platz auserkoren, damit es alle sehen können. Die Vitrine ist schon gefunden. Stehen wird sie im Lichthof des Fernsehzentrums. Nur wann sie dorthin kommt, steht in den Sternen. Die Hausverwaltung ist informiert, leider mahlen die Mühlen in der Anstalt bisweilen langsam. Wir hoffen, dass es mit der Ausstellung noch vor dem nächsten April klappt. Denn dann wird der Wanderpokal ziemlich sicher weiterziehen in den nächsten Sender, der es gut mit seinen Freien meint.

Rechte und Gerechtigkeit

Auch nach fast vier Jahren Freienvertretung müssen wir mit dem kargen Rechtekatalog zurechtkommen, den uns Intendantin Reim und der Rundfunkrat 2014 zugestanden haben. Und trotz einiger Anstrengungen ist Besserung nicht in Sicht. Von den gesetzlichen Möglichkeiten, die Betriebs- und Personalräte haben, ist die Freienvertretung weit entfernt. Harte Mitbestimmungsrechte haben wir gerade einmal z.B. bei den Öffnungszeiten der Kantinen, der Vertragsverlängerungen des Betriebsarztes, der Gestaltung von bestimmten Formularen. Hand aufs Herz: Auf diese Rechte würden wir gerne verzichten, wenn wir dafür in den wesentlich wichtigeren Bereichen auf Augenhöhe mitreden könnten – vor allem beim Arbeits- und Gesundheitsschutz, bei neuen Arbeitsmethoden oder bei wesentlichen Einschränkungen oder Beendigungen. Die Politik hatte 2014 versprochen, das Freienstatut nach zwei Jahren evaluieren zu lassen und ggf. zu verbessern. Trotz vieler freundlicher Worte aus dem Parlament ist davon bisher nichts zu sehen. Enttäuschend.

Weil das Statut an vielen Stellen nicht nur freienfeindlich, sondern an etlichen auch schlecht durchdacht ist, haben wir von Anfang an versucht, auf dem Rechtsweg Verbesserungen durchzusetzen. Insgesamt drei Verfahren haben wir angestrengt, zwei laufen noch. Gewonnen haben wir auf jeden Fall – an Erfahrung.

  1. Mitwirkung bei wesentlicher Einschränkung oder Beendigung. Wir meinen: Damit die Ankündigungsfristen aus dem Tarifvertrag überhaupt die Betroffenen wirksam schützen können, muss es erst eine schriftliche (An-) Kündigung geben – dann beginnt die Frist. Genauso sieht es das Arbeitsrecht für Feste ja auch vor. Bei einer Einschränkung darf die Freienvertretung immerhin „mitwirken“ (eine Stellungnahme abgeben). Wir halten es für sinnlos, an einer längst beschlossenen Maßnahme mitzuwirken und finden es geradezu zwingend, dass unsere Stellungnahme vor der schriftlichen Ankündigung gehört werden muss. Aber der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat es uns im Mai auf 19 eng beschriebenen Seiten schriftlich gegeben: So lange im Statut steht, dass wir an der wesentlichen Einschränkung bzw. Beendigung mitwirken, spielt der Zeitpunkt der schriftlichen Ankündigung keine Rolle. Diese Entscheidung müssen wir akzeptieren – und das Statut muss endlich geändert werden!
  1. Mitbestimmung bei der Auswahl von Fortbildungsteilnehmer*innen. Das Thema Fortbildung ist extrem wichtig für Freie, die auch in 20 Jahren in der dynamischen Medienwelt noch ihr Honorar verdienen wollen. Leider können wir als Freienvertretung nicht viel tun. So lange der rbb die Teilnehmer*innen von Fortbildungen mit 75 Euro abspeist, so dass jeder Fortbildungstag einen Einkommensverlust von 100-200 Euro bedeutet, kann von Chancengleichheit keine Rede sein. Wir wollen vom Gericht wissen, ob es sein kann, dass die Verteilung von Fortbildungschancen davon abhängig ist, ob sich ein Freier die Teilnahme leisten kann oder auch nicht. Beim ersten (rbb-internen) Einigungsversuch haben wir uns nicht durchsetzen können. Unsere Klage gegen den Spruch der Schiedsstelle liegt inzwischen seit 2016 beim Berliner Verwaltungsgericht. Die Richter der 71. Kammer meinen nämlich, dass sie für uns gar nicht zuständig sind – wir sollten unseren Prozess doch bitte am Arbeitsgericht führen. Das Oberverwaltungsgericht sieht das zwar anders, aber weil der rbb diese Entscheidung angefochten hat, muss jetzt noch einmal das Bundesverwaltungsgericht entscheiden – zunächst ausschließlich über den korrekten Rechtsweg. Juristisch wahrscheinlich hochspannend, aber extrem unpraktisch, denn die Wartezeiten in Leipzig sind lang – vor 2019 wird sich wohl weder das Arbeits- noch das Verwaltungsgericht dransetzen, um unser Fortbildungsproblem zu entscheiden.
  1. Informationen. Wir meinen: Die Freienvertretung sollte schon wissen dürfen, welche Menschen sie vertreten soll. In welchen Bereichen die eigentlich arbeiten und um welche Tätigkeiten es geht. Und wie sie dabei bezahlt werden. Wir sollen schließlich darüber wachen, dass alle Regelungen eingehalten werden und dass niemand diskriminiert wird. Die Berliner Datenschutzbeauftragte hat uns auch schriftlich gegeben, dass wir einen Anspruch auf solche Basisinformationen geltend machen können. Aber den rbb interessiert das nicht – das Freienstatut sei rechtlich generell keine geeignete Grundlage, um personenbezogene Daten von Freien zu verarbeiten, außer in wenigen, ganz eng gefassten Fällen. Das reicht z.B. für anonymisierte und kumulierte Zahlen – aber der Erkenntnisgewinn für uns ist dabei arg beschränkt. Wir haben das Verwaltungsgericht angerufen, damit es klarstellt, dass wir sehr wohl die Originaldaten bekommen dürfen. Aber so lange über den Rechtsweg nicht rechtskräftig entschieden ist (s.o.), bleibt unsere Klage einfach liegen.

Apropos Datenschutz

„Datenschutz ist uns wichtig“ – das haben wir alle zigfach um den 25. Mai herum in unseren Mailfächern lesen können. Die Freienvertretung kann das locker toppen: Datenschutz ist für die Freienvertretung gleich dreimal wichtig. Einmal, weil wir für unsere ungeklärten Informationsrechte vor Gericht kämpfen. Zweimal, weil wir darüber wachen müssen, dass der rbb korrekt mit den Daten seiner Freien umgeht. Dreimal, weil auch die Freienvertretung personenbezogene Daten verarbeitet. Das reicht von Emailadressen über Namenslisten, Protokolle und Emails bis hin zu den Notizen und Vermerken, die wir über die vielen Gespräche mit Freien, Festen und Chefs anlegen. Vertraulichkeit im Umgang mit euren teils sehr sensiblen Daten ist für uns sowieso Pflicht und Selbstverständlichkeit, mit der Einführung der neuen DSGVO Ende Mai haben wir unser Ablagesystem datenschutzkonform systematisiert, Speicher- und Löschfristen definiert und uns so aufgestellt, dass wir locker innerhalb der vorgeschrieben Vierwochen-Frist alle Anfragen zu gespeicherten Daten beantworten können.

Ausblick

Wir sind in der „Halbzeit“. Unsere Amtszeit dauert noch zwei Jahre und wir haben noch viel vor! Ein echtes Anliegen ist es, euch noch stärker in unsere Arbeit einzubeziehen bzw. euch noch stärker an unserer Arbeit teilhaben zu lassen. Eine Neuerung haben die meisten von euch schon mitbekommen: unseren wöchentlichen Newsletter. Dort berichten wir eben nicht nur über die richtig großen Themen, sondern auch über die vielen kleinen (wichtigen) Alltäglichkeiten, mit denen wir uns sonst noch beschäftigen. Außerdem haben wir vor, häufiger Informationsveranstaltungen zu sozialen Themen wie „Altersvorsorge“ oder „Alles rund um die Krankenversicherung“  anzubieten. Die letzten Informationsrunden dieser Art sind von vielen Freien begeistert angenommen worden.

Und natürlich wollen wir uns weiterhin verstärkt in die Diskussion um Zukunftsprojekte einmischen. Wie wird die Arbeit 4.0 im rbb aussehen? Wir wollen gemeinsam mit euch die Richtung mitbestimmen, um zu verhindern, dass der falsche Weg eingeschlagen wird. In diesem Zusammenhang – Stichwort „Smart Production“ – werden wir weiter für ein Fortbildungskonzept für freie Mitarbeiter*innen kämpfen. Unser Vorschlag liegt schon lange auf dem Tisch. Bislang wollte der rbb darüber nicht verhandeln. Das könnte sich jetzt ändern, schließlich stehen neue Mitarbeiter*innen nicht Schlange. Deshalb gilt es, die bereits im Sender arbeitenden Freien so gut wie nur irgend möglich fortzubilden und zu qualifizieren, um sie auf dem Weg in Richtung 4.0. nicht zu verlieren.

Feste und Freie auf Augenhöhe, nicht nur bei der (zukünftig hoffentlich angemessen bezahlten) Fortbildung, sondern auch in allen anderen Bereichen. Gleiches Geld für gleiche Arbeit ist eben nicht nur eine Kampagne der Gewerkschaften, die wir intensiv unterstützen. Es ist das Ziel, das wir für alle Freien anstreben.

Damit einher geht die soziale Absicherung. Wieso soll das Kind einer/s Festangestellten mehr wert sein als das einer/s Freien? Die festen Kolleg*innen erhalten selbstverständlich einen Familienzuschlag. Der wird richtigerweise jetzt auch den bestandsgeschützten Freien gezahlt, nicht aber denen, die im Programm arbeiten. Wir sägen an dieser Zweiklassen-Mentalität, weil sie zutiefst unsozial und längst nicht mehr zeitgemäß ist. Wir Freie sind gleichberechtigte Kolleg*innen, denn wir machen schon lange die gleiche Arbeit. Es ist überfällig, dass sich das endlich auch in finanzieller und sozialer Wertschätzung niederschlägt. Da bleiben wir dran!

Wir, als erste institutionalisierte Freienvertretung im rbb, genießen so etwas wie „Pionierstatus“. Wir haben bei unseren Beratungen und/oder Gesprächen mit der Geschäftsleitung in den zurückliegenden Jahren viel Wissen zum Thema Personalvertretung angehäuft. Dieses erworbene Wissen wollen wir an nachfolgende Freienvertretungen übergeben. Deshalb beginnen wir schon jetzt damit, zu strukturieren, wie wir unser Know-How und gesammelte Erkenntnisse sinnvoll weitergeben können. Wir aktualisieren, systematisieren, bündeln und erweitern, z.B. das Freienlexikon, das Themen, die Freie betreffen – von A wie „Abnahme“ bis Z wie „Zuschläge“ – einen schnellen Überblick verschafft.

Und natürlich warten wir weiterhin auf die Evaluierung des Freienstatutes, die hoffentlich noch vor Ende unserer Amtszeit abgeschlossen sein wird?! Wir halten euch auf dem Laufenden…