Stellungnahme der rbb-Freienvertretung zum Staatsvertrags-Entwurf

Die rbb-Freienvertretung ist seit mehreren Jahren Ansprechpartner, wenn es um die Angelegenheiten der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb geht. Auch jetzt nehmen wir gerne Stellung zu der vorgelegten Synopse vom 23.08.2023, insofern er die Angelegenheiten von Arbeitnehmerähnlichen betrifft. Ausdrücklich verweisen wir auch auf unsere Stellungnahme vom 27. Oktober 2022, in der wir bereits Vorschläge zu verschiedenen Neuregelungen gemacht hatten.

Freie in den Personalrat

  • Wir begrüßen ausdrücklich, dass § 34 in der seit längerer Zeit abgestimmten Form nunmehr in Kraft gesetzt werden soll. Der vorgesehene Zeitplan mit Inkraftsetzung zum 1. Februar 2024 gewährleistet eine rechtssichere Umsetzung der für Mai 2024 vorgesehenen Personalratswahl unter Einbeziehung der Arbeitnehmerähnlichen.
  • Ebenfalls zu begrüßen ist die Klarstellung in der Übergangsbestimmung in § 40 Abs. 8, nach der der zum Zeitpunkt amtierende Personalrat bzw. die amtierende Freienvertretung bis zur Konstituierung ggf. länger im Amt bleibt bzw. dass der Personalrat nach dem Inkrafttreten neu zu wählen ist. Eine zeitliche Präzisierung (ggf. „unverzüglich“ oder „spätestens drei Monate nach Inkrafttreten“) könnte zu noch mehr Verhaltenssicherheit führen.
  • Ohne dem Verlauf der Beratungen in den Parlamenten vorgreifen zu können, machen wir darauf aufmerksam, dass die Übergangsbestimmung im Extremfall zu zwei sehr kurz aufeinander folgenden Wahlen führen könnte (etwa bei einem Inkrafttreten zum 1. Juni). Weil dies aus praktischen und demokratischen Erwägungen die Wahlen belasten könnte, regen wir an, dass der seit langem unstrittigem Passus in § 34 Abs. 1 im Falle einer absehbaren Verzögerung des Gesamtwerks vorgezogen wird und ggf. auch ohne die weiteren Änderungen rechtzeitig vor dem Wahltermin im Mai in Kraft gesetzt wird.

Betriebliche Selbstkontrolle stärken!

Dass viele andere unserer Vorschläge vom 27. Oktober 2022 in Ihrem Entwurf nur teilweise oder gar nicht berücksichtigt werden, nehmen wir zur Kenntnis. Nach wie vor halten wir es für erforderlich, nach dem rbb-Skandal die Verantwortung der Belegschaft auch im Sinne einer alltäglichen Compliance-Kultur erheblich zu stärken.

  • Dazu hatten wir u.a. eine paritätische Einbindung der Interessenvertretungen in den Verwaltungsrat vorgeschlagen sowie die verbindliche Rückkopplung bei der Besetzung von Führungspositionen mit den jeweils fachlich zuständigen Vertretungen und Gremien.
  • Die Schaffung eines kollegialen Direktoriums (§ 23 Abs. 1) geht aus unserer Sicht in die richtige Richtung, dürfte aber in der vorgelegten Form die überkommene Interdant:innenverfassung nicht überwinden, so lange die beiden vorgesehenen Direktor:innen auf Vorschlag der Intendantin gewählt bzw. abberufen werden (§ 13 Abs. 1) und diese die Gesamtverantwortung trägt (§ 23 Abs. 3). Wir regen daher an, im Anschluss an die Novellierung zu evaluieren, ob die Neuregelung tatsächlich die erhofften Effekte erzielt.
  • Vielversprechend ist dabei aus unserer Sicht die Schaffung von getrennten Wahlen der Direktor:innen durch den Rundfunkrat (Programm) bzw. den Verwaltungsrat (Verwaltung und Technik).
  • Dagegen warnen wir vor einer zu starren staatsvertraglichen Vorgabe für die Geschäftsbereiche innerhalb des Direktoriums. In Anbetracht des absehbar hohen Umgestaltungsbedarfs der Senderstrukturen sollte die Geschäftsverteilung jederzeit ohne Gesetzgebungsverfahren situationsgerecht anpassbar sein. (Etwa durch die von uns im Oktober 2022 vorgeschlagen Ergänzung: „Eine andere Aufteilung der Geschäftsbereiche kann die Geschäftsleitung im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat beschließen, wenn es dafür sachlich-organisatorische Gründe gibt.“)
  • Die Erfahrungen der letzten beiden Findungskommissionen deuten darauf hin, dass der in § 22 Abs. 2 skizzierte Rahmen Organkonflikte zwischen Rundfunkrat und Verwaltungsrat begünstigt. Wir regen an, stattdessen das Verfahren der Intendant:innenfindung und -wahl beim Rundfunkrat zu belassen, die Zuständigkeit des Verwaltungsrats ausdrücklich auf den Vertragsabschluss zu beschränken und klarzustellen, dass sich die Beteiligung des Personalrats auf das gesamte Einstellungsverfahren bezieht.
  • Wir begrüßen, dass die fachlichen Anforderungen an Mitglieder des Rundfunk- bzw. Verwaltungsrats und die Ausstattung der Geschäftsstelle wie in anderen Sendern nun staatsvertraglich verankert werden sollen. Mit Blick auf den Rundfunkrat halten wir aber die von uns vorgeschlagene Erweiterung um beratende Mitglieder aus der Belegschaft weiterhin für zielführend, um den ehrenamtlichen Rundfunkräten jederzeit die Orientierung in dem komplexen Unternehmen rbb zu ermöglichen.
  • Die im Oktober vorgeschlagenen Schaffung von Vertrauenspersonen in den Bereichen halten wir weiterhin für einen wesentlichen Kern, um die betriebliche Selbstkontrolle zu stärken.

Regionale Berichterstattung strukturell absichern

Mit Sympathie sehen wir, dass die Staatsvertragsgeber eine ausgewogene regionale Berichterstattung in beiden Bundesländern sicherstellen wollen – die derzeit im Wesentlichen gewährleistet wird durch den Einsatz freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir fürchten aber, dass die gewählten Ansätze am Kern des Problems vorbeigehen und im Ergebnis wirkungslos bleiben werden.

  • Nicht zuletzt die exzessive Anwendung von § 3 Abs. 7 begünstigt bisher eher die Vernachlässigung von Regionalberichterstattung, da sie in den zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichteten Redaktionen als tagtäglich zu optimierender Kostenfaktor betrachtet werden muss statt als strukturell abzusichernde Aufgabe. Freie Mitarbeit ist ein hohes Gut, um die Rundfunkfreiheit und das Abwechslungsbedürfnis sicherzustellen – aber ist das falsche Mittel, um nachhaltige programmliche „Präsenz in der Fläche“ aufzubauen und Kontinuität der Berichterstattung über viele Jahre zu gewährleisten.
  • Wir begrüßen, wenn die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen verbessert werden, etwa durch die Festschreibung eines zusätzlichen Regionalbüros in Brandenburg an der Havel (§ 2 Abs. 3). Dies reicht aber bei weitem nicht aus. Wesentliche Gründe der leider nur begrenzten Erfolge seit Einführung der sogenannten „Regionalkorrespondent:innen in freier Mitarbeit“ dürfte auch an den unattraktiven Rahmenbedingungen, der mangelhaften Ausstattung und fehlenden Perspektiven aufgrund der tageweise Beschäftigung liegen. Der Staatsvertrag trägt in seiner jetzigen Form zumindest dazu bei, § 3 Abs. 7 sollte darum wie von uns im Oktober 2022 vorgeschlagen geändert werden.
  • Die Festschreibung einer Mindestdauer der Auseinanderschaltung des Fernsehprogramms (§ 4 Abs. 2) mag zwar mit Blick auf die Rundfunkfreiheit vertretbar sein, irritiert aber, weil die vorgesehenen 60 Minuten weit hinter der geübten werktäglichen Praxis zurückbleiben. Schon von daher ist nicht zu erkennen, wie solche Mindestvorgaben entscheidenden Einfluss auf die regionale Berichterstattung nehmen könnte. Damit solche Vorgaben nicht leerlaufen, müssten sie aber auch nachhaltig mit Personal unterlegt werden.
  • Wie die Schaffung von zwei neuen Leitungspositionen (§ 4 Abs. 4) oder die Einstellung bzw. Entlassung der unmittelbar an der Erstellung der Landesangebote Mitarbeitenden auf Vorschlag der Intendantin die Regionalberichterstattung stärken könnte, erkennen wir nicht. Vielmehr fürchten wir, dass der entstehende Verwaltungsaufwand (unmittelbar an der Erstellung der Landesangebote beteiligt sind hunderte Mitarbeitende) und die Neuorganisation der Programmdirektion möglichen Verbesserungen mehr im Weg steht als nützt.