Schwarzer Jahrestag + Partizipation + ARD-Strukturreform

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es sind die vielen Interview-Anfragen von Kollge:innen anderer Medien, die die Freienvertretung an den Jahrestag eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des rbb erinnert haben. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr enthüllte der ‚Business Insider‘ das, was den gesamten rbb ins Wanken bringen sollte. Ein denkwürdiges Datum, das auch unsere Interimsintendantin in ihrem Update aufgreift. Erster Impuls war damals, die Vorwürfe als Kampagne eines dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk feindselig gesonnenen Medienunternehmens abzutun. Wie falsch diese Annahme war, wissen wir nach einem Jahr schmerzvoller, nicht enden wollender Aufarbeitung nur zu gut!

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Mit der Wahl der neuen Führungskraft an der Spitze unseres Senders am vergangenen Freitag, sollte endlich wieder Ruhe einkehren. Jedenfalls hat man den Wunsch in der letzten Zeit immer häufiger auf den Fluren gehört. Wenn wir jetzt von den Kolleg:innen außerhalb des Senders gefragt werden:  Wie ist denn die Stimmung in der Belegschaft? können wir weder von wiedergewonnener Ruhe noch von Aufbruchsstimmung berichten. Eher von Verwirrung und großer Ratlosigkeit.  Auch von Wut und Empörung! Zu viel ist im Vorfeld der Wahl schief gelaufen!

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Vor einem Jahr haben wir gefordert: NIE MEHR OHNE DIE BELEGSCHAFT! In der Oktober-Erklärung der Personalvertretungen hieß es vor einem Jahr unter anderem:

Mehr Mitbestimmung der Beschäftigten und Personalvertretungen!
Wir erwarten, dass die von uns gewählten Vertreterinnen und Vertreter in Zukunft in allen Belangen des Senders Mitspracherechte haben und diese gesetzlich verankert werden. Sie müssen mitentscheiden, wer neu eingestellt wird – egal, in welcher Gehaltsgruppe, auch bei allen außertariflichen Beschäftigten. Und sie müssen auch die Möglichkeit haben, ein wirksames Misstrauensvotum auszusprechen, wenn das erforderlich ist.

Seitdem haben wir tatsächlich einiges bewegen können. Stichwort „Zukunftsprozess“. Auch wenn letztendlich weniger dabei herauskommt (herauszukommen scheint) als viele sich erhofft hatten… Es war der vielzitierte Schritt in die richtige Richtung: nicht über die Mitarbeitenden, sondern mit ihnen zu sprechen. Und auch die Beteiligung der Belegschaft an der Findungskommission – durch Vertreterinnen aus Personalrat und Freienvertretung – könnte zum ‚role model‘ für die gesamte ARD werden. Die Belegschaft wird beteiligt an der Suche nach der oder dem Besten für die Spitze unseres Unternehmens. Und noch eine ARD- Premiere: die Kandidat:innen-Vorstellung  (vor der Wahl im Rundfunkrat) auf einer Belegschaftsversammlung – da ist schon eine ganze Menge an geforderter Transparenz umgesetzt worden!

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Dass neue Prozesse ruckeln und schlingern können, ist sicher nicht verwunderlich und womöglich verschmerzbar. Wenn aber handwerkliche Fehler gemacht werden, dann muss das korrigiert werden. Die Arbeit in der Findungskommission lief alles andere als rund. Im laufenden Prozess wurde eine vom Verwaltungsratsvorsitzenden eingeführte finanzielle Obergrenze plötzlich zum Ausschlusskriterium – obwohl die vornehmste (und einzige) Aufgabe der Findungskommission darin besteht, qualifizierte Bewerber:innen zu identifizieren und sie dem Rundfunkrat vorzuschlagen. Wenn aber nur noch die zukünftige Höhe des Intendantengehalts den Diskurs bestimmt und nicht etwa die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationen, dann wird es schräg. Und wenn das Votum der Belegschaft schließlich genauso egal ist wie die Situation in einem nach wie vor kriselnden Sender, dann stellt sich die Frage wie ernst die Partizipation der Beschäftigten tatsächlich genommen wird.

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Das alles trübt vielen im rbb den nach vorne gerichteten Blick. Die freien Kolleg:innen (doch nicht nur die) sehen eher schwarz. Wenn nämlich die amtierende Intendantin verkündet, mit der strategischen Weichenstellung im rbb habe man die ARD-Strukturreform quasi antizipiert. Dann bekommen die „Kompetenzzentren“, die ab 2024 in der ARD zunächst für die Bereiche Klima, Verbraucher, Gesundheit gegründet werden, gleich einen anderen Beigeschmack. Zum Hintergrund: nicht jede Landesrundfunkanstalt soll weiterhin alle Themen bearbeiten. Wer federführend welches Thema beackern wird, soll im Herbst feststehen. Man will das ‚A‘ in ARD ernster nehmen, sich stärker als Arbeitsgemeinschaft verstehen und näher zusammenrücken. Gute Idee und selbstverständlich müssen sich die ARD und natürlich auch der rbb intensiv um die sog. digitale Erneuerung kümmern. Ein bisschen beängstigend, dass nach jahrelangem Schneckentempo nun im Eilschritt Vorhaben präsentiert werden, die dann in kürzester Zeit (Starttermin Kompetenzzentren Januar 24!) realisiert werden müssen. Wäre gut, wenn man die, die es umsetzen sollen/müssen, schnell ins Boot holte. #partizipation

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Von Tempo kann bei der Umsetzung des Beendigungsschutzes aka #bestandsschutzfüralle leider keine Rede sein. Auch wenn aus den öffentlichen Verlautbarungen des rbb weiter von Gesprächen in konstruktiver Atmosphäre zu lesen ist. Aus Gewerkschaftskreisen ist zu hören, dass in einigen Punkten noch Dissens besteht. Die nächste Verhandlungsrunde ist jedenfalls für den 7. Juli geplant. Bleibt zu hoffen, dass wir dann vom großen Durchbruch berichten können. Bis es soweit ist, weisen die  Kolleg:innen vom Aktionskomitee noch einmal darauf hin, dass es für urlaubsreife freie Kolleg:innen noch freie Plätze beim gemeinsamen Sommerurlaub gibt.

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Und auch eure Terminplanung für den Herbst ist schon gesichert: nach der Pandemie endlich wieder ein Freienkongress in Präsenz. Diesmal beim WDR in Köln. Anmeldungen für den 13. und 14. Oktober 2023 können und sollten bereits jetzt vorgenommen werden. Weitere Informationen stehen auf der Homepage des ARD-Freienrates.

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Jetzt aber erstmal: Schönes Wochenende!

Eure Freienvertretung

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