Liebe Kolleginnen und Kollegen,
was war diese Woche wieder los! Absoluter Höhepunkt wohl nicht nur aus Freiensicht: Der erneute Warnstreik am gestrigen Donnerstag – für höhere Honorare und Gehälter, vor allem aber für die Angleichung von ersteren an letztere über den Honorarrahmen Programm sowie für einen Bestandsschutz für Freie.
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Einfacher als die Zahl der Streikenden war sicherlich die Zahl der Arbeitenden an diesem Streiktag zu zählen. In vielen Redaktionen und Wellen waren das nur eine Handvoll – mit entsprechenden Auswirkungen aufs Programm: Kein ARD-Mittagsmagazin, ausgefallene Fernsehnachrichten und – magazinsendungen wie Brandenburg aktuell, Abendschau, Studio 3 oder schön & gut, Musik in Endlosschleifen auf radioeins und rbbKultur, viel Konserve und moderierende Chef*innen auf den anderen Hörfunkwellen. Bereiche wie Grafik oder EB-Kamera waren mehr oder weniger komplett lahmgelegt – so die eindrucksvolle, aber sicherlich nicht annähernd vollständige Bilanz der Streikauswirkungen.
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Einen Eindruck von den Motiven, Zielen und Forderungen der Streikenden konnte man sich dann am Nachmittag auf der zentralen Streikkundgebung am Standort Potsdam verschaffen. Dort lauschten gut 200 Mitarbeiter*innen – und auch das eine oder andere Runkfunkratsmitglied auf dem Weg zur Sitzung (s.u.) – den teils sehr persönlichen Schilderungen der Kolleg*innen vom MiMa, von rbbKultur, Brandenburg aktuell, aus dem EB-Bereich oder dem Studio Frankfurt (Oder). Dabei wurde überdeutlich, dass der Tarifkonflikt ohne die überfällige Inkraftsetzung des Honorarrahmens Programm und eine wirksame Beschäftigungssicherung für Freie nicht zu lösen ist. Einige Argumente gibt es hier zum Nachhören – DJV-Geschäftsführer Sebastian Scholz im Interview auf rbb-Kultur.
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Leider scheint der rbb aber die Signale immer noch nicht wirklich vernommen zu haben. In der Verhandlungsrunde am heutigen Freitag gab es offenbar kein nennenwertes Entgegenkommen. Die Gewerkschaften sprechen gar von „Verhandlungen am Scheideweg“. Eine weitere, sechste Stufe beim Honorarrahmen Programm soll es danach nur geben, wenn die Gewerkschaften Abschlägen von den angebotenen mickrigen 2,8 Prozent Steigerung zustimmen. Den Gewerkschaftsvorschlag einer sozialen Staffelung – mehr Zuwachs für geringe Einkommen, weniger für Spitzenverdiener*innen – hat der rbb erneut abgelehnt. Am kommenden Freitag steht dann die nächste Verhandlungsrunde über die Beschäftigungssicherung für Freie an. Wer dem rbb gerne signalisieren möchte, dass sich dieses Thema nicht einfach aussitzen lässt, kann sich hier dem gemeinsamen Sommerurlaub der Freien anschließen. Mehr als 200 sind schon dabei.
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Die Hintergründe des Streiks und der laufenden Tarifauseinandersetzung sowie die ungerechte Bezahlung der Freien war auch in der Belegschaftsversammlung ein zentrales Thema. Die in dieser Diskussion immer wieder vorgetragene Argumentation der Intendantin, es sei nicht mehr Geld „im Topf“ und die überfällige Gleichbezahlung der Freien daher nicht zu finanzieren, wird jedoch auch durch ständiges Wiederholen nicht überzeugender. So fragt man sich, warum der rbb sich angesichts der beschworenen finanziellen Notlage auch weiterhin Beschäftigte leisten will, die außertariflich bezahlt und mit teuren Extras wie einer „Mobilitätszulage“ und „Übergangsgeld“ ausgestattet werden. Hier wird offenbar mit unterschiedlichem Maß gemessen – das kennen wir leider zu Genüge aus den Schlesinger-Jahren.
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Doch selbst mit überfälligen Reformen zugunsten der Freien, die kein Geld kosten, tut sich die rbb-Führung schwer. So bestätigte Frau Vernau in der Belegschaftsversammlung, dass die Geschäftsleitung sich immer noch nicht dazu durchringen konnte, die zuletzt von der Themengruppe „Lage der Freien Mitarbeitenden“ dringend und einvernehmlich geforderte Abschaffung der 5-Tages-Prognose umzusetzen. Stattdessen wurde eine neue Arbeitsgruppe damit beauftragt, einen „Kompromissvorschlag zu erarbeiten, der im unternehmerischen Interesse die arbeitsrechtlichen Risiken minimiert“ (Zitat aus dem „Live-Blog zum Zukunftsprozess“). Welche Kompromisse zwischen der 5- und der 8-Tages-Prognose es noch geben könnte, kann die Freienvertretung an zwei Fingern abzählen. Nicht beantworten können wir dagegen die Frage: Warum braucht es überhaupt einen „Kompromiss“ und monatelange Überlegungen, um diese in jeder Hinsicht schäbige und für den rbb schädliche Altlast aus der „Ära Schlesinger-Augenstein“ endlich abzuschaffen?
#5-Tages-Prognosemussweg!
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Ganz neu dagegen ist der Verwaltungsrat, den die Rundfunkratsmitglieder am Donnerstag in einer fast achstündigen Marathonsitzung bis kurz vor Mitternacht wählten – womöglich noch unter dem Eindruck der Streikkundgebung unmittelbar vor Sitzungsbeginn vor dem Potsdamer Sendezentrum. Die Freienvertretung wünscht dem neu konstitutierten Aufsichtsgremium jedenfalls viel Kraft und Erfolg bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Dass zur Vorstellung der 18 Bewerber*innen und zur Wahl der sieben Mitglieder (neben der Personlaratsvorsitzenden) die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, kann die Freienvertretung allerdings nicht nachvollziehen. Warum muss geheim bleiben, wer sich mit welchen Motiven Kompetenzen für die Kontrolle der rbb-Geschäftsleitung bewirbt? Für die Freienvertretung jedenfalls bleibt Transparenz ein hohes Gut: Hier unser Bericht an den Rundfunkrat – für alle zum Nachlesen.
Viel Spaß bei der Lektüre und ein sonniges (!) Wochenende wünscht
Eure Freienvertretung
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