Belegschaftsversammlung + Tarifverhandlung + Missverständnis

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

DAS Ereignis der Woche war zweifelsohne die seit langem angekündigte und schon im Vorfeld mit böser Vorahnung erwartete Belegschaftsversammlung zum Thema: „Welche Ecken des zu großen (Programm-)Tisches werden abgesägt“…äh sorry…“Strategische Weichenstellung“. Zum ersten Mal seit fast drei Jahren wieder in Präsenz und noch dazu im Großen Sendesaal, der gut gefüllt war. Dazu kamen über 1000 Kolleg:innen, die per Teams zugeschaltet waren und unzählige im Livestream.

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Die erste niederschmetternde Neuigkeit wurde gleich zu Beginn verkündet: der Schuldenberg ist mittlerweile auf mehr als 49 Millionen Euro angewachsen. Die zusätzlichen 8 Millionen hatte die geschasste Geschäftsleitung als Einsparziel bereits eingepreist, aber tatsächlich noch nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Deshalb kommen sie jetzt noch einmal obendrauf. Schlappe 50 Millionen Schulden, die nun von denjenigen beglichen werden müssen, die sie nicht verursacht haben. Beinahe zeitgleich erfährt die gebeutelte Belegschaft – wieder einmal aus dem scheinbar immer bestens informierten Business Insider -, dass die dafür verantwortliche, einstige Senderchefin den rbb auf eine Betriebsrente von knapp 19.000 Euro verklagt. Für 31 Jahre Arbeit im ÖRR.  Die Freienvertretung könnte eine lange Liste von freien Kolleg:innen vorlegen, die mindestens genauso lange für den rbb (und andere ÖRR-Anstalten) arbeiten und fürchten müssen, bei Renteneintritt in die Altersarmut zu schlittern. Das macht das Sparen wegen nachweislicher Misswirtschaft nicht gerade leichter!

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Noch eine derbe Klatsche gab es dann am Ende der dreistündigen Veranstaltung speziell für die Freien. Eher beiläufig – wenn auch auf hartnäckiges Nachfragen – erfuhren sie von der Interimsintendantin, dass weitere Tarifverhandlungen für einen Beendigungsschutz (aka #bestandsschutzfüralle) vom rbb einseitig beerdigt worden sind. Die Verkündungssituation auf offener Bühne im Großen Sendesaal entbehrte nicht einer gewissen Komik, weshalb die Freienvertretung das Nachschauen (TC ab 02:09:00) für diejenigen empfiehlt, die nicht selbst dabei sein konnten.

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Was noch am selben Tag folgte, war eine Welle der Solidarität, getragen von vielen angestellten Kolleginnen und Kollegen bis hinauf in die Redaktionsleitungsebenen. Neben dem Redaktionsausschuss haben sich viele namentlich an die Intendantin gewandt und die Forderung nach Tarifverhandlungen für einen Beendigungsschutz unterstützt. Ein Zuspruch der gut tut und nochmal ein herzliches Dankeschön verdient! Ein weiteres Zeichen dafür, dass die lange Jahre betriebene Spaltung in Feste und Freie keinen Bestand mehr hat. Und – was sollen wir sagen? Es hat funktioniert! Die Tarifverhandlungen für einen Beendigungsschutz werden fortgesetzt. Ein Termin für die nächste Woche ist bereits vereinbart. Versehen mit dem Hinweis der Gewerkschaften an die Geschäftsleitung, dass gestreikt wird, sollte es kein „substantielles Angebot“ geben.

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Apropos Warnstreik: ohne die Unterstützung der angestellten Kolleg:innen schmälern zu wollen….womöglich hat der Sender seine Verhandlungsbereitschaft auch deshalb wiedergefunden, um einen weiteren Warnstreik zu verhindern? Der stand nämlich kurz bevor, wie die Freienvertretung aus Gewerkschaftskreisen erfahren hat. Offensichtlich hat die bereits laufende Mobilisierung ihre Wirkung gezeigt. Denn dass sich die Beschäftigten nicht lange bitten lassen würden, ihre Arbeit niederzulegen, lag nach den Vorkommnissen auf der Belegschaftversammlung auf der Hand. Das soll, so hören wir, mit ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass der Sender sich nicht nur zu Tarifverhandlungen zum Bestandsschutz bereit erklärt hat, sondern gleich auch schnelle Termine aus der Tasche zog. Die Älteren erinnern sich: auch das hat in den vergangenen Monaten immer ewig gedauert. Jetzt müssen den (Verhandlungs-)Terminen die entsprechenden Taten folgen. #tobecontinued

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Offensichtlich hat sie Aussicht auf viele hundert streikbereite Kolleg:innen in allen Bereichen auch die am Donnerstag stattfindenden Tarifrunde zur Gehalts- und Honoraranpassung beflügelt. Ebenfalls in Präsenz am Standort in Potsdam und bislang noch mit mittelprächtigem Erfolg, wie wir hören. Dennoch: auch hier nehmen die Verhandlungen  „Fahrt auf“ – so jedenfalls bewerten es die Gewerkschaftsvertreter:innen. Offensichtlich haben sie auf der rbb-Seite in ausreichendem Maße Ernsthaftigkeit ausmachen können, um sich auf einen nächsten Termin am 10. März zu verabreden.  

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Doch zurück zum Ereignis der Woche! Zwischen der Verkündung des (noch) höheren Schuldenbergs und der Klatsche für die Freien lagen drei Stunden mit immens vielen Zahlen, Grafiken, Erklärungen. 100 Stellen sollen demnach bei den angestellten Kolleg:innen „sozialverträglich“ wegfallen. Es wird nicht betriebsbedingt gekündigt, aber frei werdende Stellen, z.B. durch Renteneintritte, werden nicht neu besetzt. Für die freien Kolleg:innen lässt sich das Ausmaß der zu erwartenden Beendigungen derzeit noch nicht ausmachen. Dazu war die Vorstellung des neuen Sendeschemas zu unkonkret. Den Beteuerungen der Geschäftsleitung, man werde auch an die Freien denken und versuchen, so wenige Beendigungen wie möglich auszusprechen, müssen nun Taten folgen (s.o.).

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Es gibt auch ein paar gute Nachrichten: es wird keine der sechs Radiowellen gestrichen, wenn auch hier gespart werden muss. Es fließt wieder mehr Geld in den Vorabend, der wieder mehr auf Regionalität setzen will (zibb 2.0?).  Ausbau der regionalen Berichterstattung durch bessere Finanzierung der Regionalkorrespondenten, vor allem im westlichen Brandenburg. Dafür wird es nach 22 Uhr keine Eigenproduktionen mehr geben und erfolgreiche Sendungen wie Thadeusz bleiben auf der Strecke. Zwischen 20 und 22 Uhr wird nur noch produziert, was in erster Linie verwertbar für die Mediathek ist. Die rbb Praxis wird eingedampft und soll zukünftig als komprimiertes „Langformat“ in den serviceorientierten Montag einfließen.

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Für große Empörung sorgte, dass die Volontärsausbildung an der EMS – zumindest in der laufenden Beitragsperiode bis Ende 2024 – halbiert werden soll. In Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels ein ganz schlechtes Signal, urteilten die allermeisten der anwesenden Kolleg:innen. Die Empörung blieb, trotz der Ankündigung, dass auch „oben“ halbiert werden soll: zukünftig soll es nur noch zwei Direktor:innen statt vier geben und nur noch die Hälfte der AT-Stellen. Wir werden ein Auge darauf haben! #tobecontinued.

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Nach dem umfassenden und niederschmetternden Sparszenario sorgte eine Pressemeldung am heutigen Tag für freudige Unruhe im Sender. Der ARD-Vorsitzende Gniffke wurde im Tagesspiegel mit den Worten zitiert, die ARD springe für nicht zurückgelegte Beitragsmehreinnahmen des rbb ein. Es solle ein „gemeinsames Unterhaken“ geben. Fälschlicherweise wurde das – auch von den Printkollegen – so verstanden, dass der rbb seine Sparanstrengungen unterlassen könnte. Aber weit gefehlt, es handele sich um ein Missverständnis, beeilt sich der rbb auf seiner Intranetseite klar zu stellen.

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Völlig unmissverständlich wünschen wir euch jetzt erst einmal ein schönes Wochenende!

Eure Freienvertretung

Probleme mit den Intranet-Links? Wer von außen auf das Intranet zugreift, ersetzt den URL-Anfang (https://intranet.rbb-online.de/) durch https://mein.rbb-online.de:11005/.