Liebe Kolleginnen und Kollegen,
jetzt ist es raus: Patricia Schlesinger war niemals Intendantin des rbb! Zumindest nicht im streng rechtlichen Sinne und nach Einschätzung der Rechtsanwaltskanzlei Lutz/Abel. Die stellt in dem am Donnerstag vorgelegten Zwischenbericht ihrer Compliance-Untersuchung fest, dass alle drei seit 2016 geschlossenen Arbeitsverträge mit Patricia Schlesinger rechtlich ungültig waren. Der Grund: Die dafür zwingend vorgeschriebenen Beschlüsse des Verwaltungsrates waren unwirksam oder schlichtweg nicht vorhanden. Leider macht diese Erkenntnis die „Ära Schlesinger“ samt Machtmissbrauch und Misswirtschaft nicht ungeschehen. Sie könnte allerdings dazu führen, das mögliche Ansprüche der Ex-Intendantin auf Gehaltsfortzahlung, Ruhegelder oder Abfindungen nichtig sind.
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Ansonsten bestätigt der Zwischenbericht vieles, was wir zumindest schon geahnt haben: Die frühere Intendantin hat sich schamlos bereichert und dabei z.T. auch über von ihr selbst geschaffene Regeln hinweggesetzt: Etwa bei Essenseinladungen oder privaten Reisen auf Kosten der Beitragszahler*innen. Die eigentlich dicksten Brocken – Digitales Medienhaus, Beraterverträge und Bonussystem – sind im Zwischenbericht allerdings noch gar nicht enthalten. Wir sind deshalb gespannt auf die Fortsetzung bzw. den Abschlussbericht, der voraussichtlich im Dezember vorgestellt wird.
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Neue, unappetitliche Details zu den Vertragsverhältnissen der Direktor*innen gab es schon zu Beginn der Woche im Berliner Abgeordnetenhaus. Bei der gemeinsamen Anhörung des Berliner Medienausschusses und des Brandenburger Landtags-Hauptausschusses bestätigte Intendantin Vernau, dass sich die jüngst bekannt gewordenen, von Arbeitsrechtlern als sittenwidrig eingeschätzten Versorgungsleistungen nicht nur im Vertrag der juristischen Direktorin finden. Vielmehr seien die Verträge der Direktor*innen „alle nach demselben Muster gestrickt“ und unterschieden sich „nur in Nuancen“, so Vernau (4:33:20). Ob die verbliebenen Direktoren Christoph Augenstein und Jan Schulte-Kellinghaus bereit sind, nicht nur auf ihre Boni, sondern auch auf Ruhegelder und Leistungen für Hinterbliebene zu verzichten, ist uns nicht bekannt. Offenbar hat sie bisher aber auch noch niemand danach gefragt.
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Wir finden: Der freiwillige Verzicht auf diese offenbar sittenwidrigen Versorgungsleistungen zum Nachteil des rbb sollte eigentlich Voraussetzung dafür sein, den rbb auch weiterhin als Mitglied der Geschäftsleitung führen zu dürfen. Schließlich erfordert diese Aufgabe ein hohes Maß an moralischer Integrität und Vertrauenswürdigkeit. Intendantin und Verwaltungsrat haben indes schon entschieden, dass Programm- und Produktionsdirektor „aus organisatorischen und finanziellen Gründen“ auf ihren Posten bleiben sollen. Programmdirektor Schulte-Kellinghaus wurde außerdem am Donnerstag vom Rundfunkrat auch offiziell als stellvertretender Intendant bestätigt.
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Wie gehen wir Beschäftigten mit diesen neuen Erkenntnissen um? Welche Forderungen stellen wir an die neue (alte) Geschäftsleitung? Und was können wir tun, um echte Veränderungen herbeizuführen? Um das zu diskutieren, lädt die Freienvertretung zusammen mit Personalrat und Redaktionsausschuss alle freien und festen rbb-Mitarbeiter*innen zu einer digitalen „Belegschaftsversammlung von unten“ ein: Am nächsten Dienstag, den 25. Oktober, von 18:00 bis 19:30 Uhr per Teams.
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Möglicherweise gehen davon ja wichtige Impulse für den gemeinsamen Zukunftsprozess von Mitarbeitendenvertretungen und rbb-Führung aus? Die Freienvertretung hält diesen nach wie vor für eine gute Idee, die allerdings jetzt mit Leben gefüllt werden muss. Der paritätisch besetzte „Entscheidungskreis“ soll sich in den nächsten Tagen konstituieren, danach sollen Themengruppen gebildet werden. Diese sollen dann die gravierendsten Missstände, die uns in den jetzigen Schlamassel geführt haben, aufarbeiten und möglichst abstellen. Zu diesen Missständen gehört nach unserer festen Überzeugung die Zwei-Klassen-Gesellschaft von Festen und Freien im rbb – so oder so ähnlich sieht das auch die Intendantin: Die Situation der Freien – sowohl ihre Honorierung und die Zusammenarbeit mit ihnen auf Augenhöhe – sei eines der „brennenden Themen, das in den letzten Jahren nicht vernünftig bearbeitet wurde und deshalb jetzt mit explodiert ist“, so Vernau am Montag im Abgeordnetenhaus (3:12:45). Man könne zwar „nicht alle Freien fest anstellen“, aber man müsse dafür sorgen, „dass es faire Rahmenbedingungen für die Arbeit der Freien gibt.“ (3:13:30)
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Das würden wir glatt so unterschreiben – auch wenn es womöglich unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie diese „fairen Rahmenbedingungen“ konkret aussehen sollten. Wir finden: Bestandsschutz gehört definitiv dazu! Am Montag werden die Gewerkschaften erfahren, ob das auch die neue Intendantin so sieht – im ersten Tarifverhandlungstermin dazu seit ihrem Amtsantritt will der rbb ein überarbeitetes Angebot vorlegen. Wir werden die Freiensprecher*innen aus den Bereichen noch am Montagabend um 19 Uhr in einer Teamsschalte über den Verlauf der Tarifrunde informieren und dann gemeinsam überlegen, wie wir mit dem Ergebnis umgehen wollen.
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Wie formulierte es die Intendantin im Abgeordnetenhaus? „Es muss im Gesamtpaket so sein, dass man die Menschen, die man haben will, tatsächlich auch gewinnen kann.“ (3:07:30) Auch wenn sich dieser Satz eher auf außertariflich bezahlte Führungspositionen im rbb bezog – ein Blick in die vielen lückenhaften Dienstpläne im rbb zeigt: Auch bei den tariflich Beschäftigten gibt´s massive Engpässe, wenn das Gesamtpaket nicht stimmt.
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Bestandteil des „Gesamtpakets“ muss in einem modernen Unternehmen sicherlich auch die Möglichkeit zum Mobilen Arbeiten aka Homeoffice sein. Die Verhandlungen zu einem entsprechenden Tarifvertrag sind an diesem Freitag in die nächste Runde gegangen – eine Einigung scheint greifbar. Unser Appell an die Tarifpartner: Alle beschlossenen Regelungen müssen in der Sache auch für die Freien gelten. Denn ob im Sender oder im Homeoffice: Die Zwei-Klassen-Gesellschaft von Festen und Freien im rbb sollten wir schleunigst hinter uns lassen!
Jetzt aber erstmal: Schönes Wochenende!
Eure Freienvertretung
Probleme mit den Intranet-Links? Wer von außen auf das Intranet zugreift, ersetzt den URL-Anfang (https://intranet.rbb-online.de/) durch https://mein.rbb-online.de:11005/.